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Krisenfeste Lebensmittelindustrie?

Datum: 10.06.2020Quelle: molkerei-industrie / BENEO

 

 

 

Claudia Meissner, BENEO

 

„Die Lebensmittelindustrie ist krisensicher“, heißt es allenthalben, denn „gegessen wird immer“. Auch wenn viele Wirtschaftszweige deutlich stärker von den Beschränkungen durch die COVID-19 Pandemie betroffen sind, stehen auch die Unternehmen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie vor Herausforderungen – sei es die Rohstoffsicherheit in Zeiten geschlossener Grenzen oder die Sorge um die Gesundheit der Beschäftigten. Wie ist die Lage bei den Ingredients-Herstellern? molkerei industrie sprach mit Claudia Meissner, Head of Corporate Communication bei BENEO, einem der führenden Unternehmen im Bereich der funktionellen Zutaten.

 

molkerei industrie: Frau Meissner, wie viele Videokonferenzen hatten Sie heute schon?

Meissner: Nun, Sie sind heute meine Nummer 5! Wobei ich daran nach mehr als zwei Monaten Home Office schon gewöhnt bin – genau wie die rund 60 anderen Mitarbeiter unserer Mannheimer Zentrale und viele weitere an unseren Standorten auf der ganzen Welt. Wir haben schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt angefangen, auf Home Office zu setzen. Zum einen, um die Ansteckungsgefahr zu verringern; aber auch, damit unsere Kolleginnen und Kollegen Kinderbetreuung und Job bestmöglich in Einklang bringen konnten, als alle Schulen und Kindergärten geschlossen waren. Aber Home Office ist natürlich vor allem für Mitarbeiter in administrativen Funktionen geeignet.

 

molkerei industrie: Wie sieht es bei Ihren Kollegen in der Produktion aus?

Meissner: Hier setzen auch wir auf Social Distancing, erhöhte Hygienemaßnahmen und Mitarbeiterschutz. Schon im frühen Stadium der Pandemie haben wir die Betriebshygiene deutlich hochgefahren, sichergestellt, dass Masken, Handschuhe und weitere Schutzmaterialien zur Verfügung stehen und diese auch korrekt angewendet werden. Um größtmöglichen Abstand zu gewährleisten, haben wir das Schichtsystem umgestellt, Arbeitsbereiche mit Plexiglas unterteilt, Klebemarkierungen auf dem Boden angebracht und ähnliches.

 

molkerei industrie: Was waren die größten Herausforderungen?

Meissner: Das ist gar nicht so leicht zu sagen – je nach Funktion und Standort ist das ganz unterschiedlich. Die Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeiter sicherzustellen, war bei allen Herausforderungen immer das oberste Ziel. Und da man das maßgeschneidert für die einzelnen Standorte umsetzen muss, gibt es hier keine ‚one size fits all‘ Lösung. Der viel zitierte Spruch ‚global denken, lokal handeln‘ war noch nie passender. Ein paar ganz grundsätzliche Herausforderungen möchte ich aber hervorheben: Zum einen, die Produktion am Laufen zu halten, während gleichzeitig für die Arbeitsorganisation deutlich mehr Zeit notwendig war – also etwa die Planung der Schichtsysteme, die Beschaffung von Schutzkleidung, Sicherheitsvorkehrungen an den Standorten, oder auch nur Kleinigkeiten wie das Aufhängen von Hinweisschildern und vieles mehr. Manchmal mussten Kolleginnen und Kollegen auch die gleiche Arbeit mit weniger Personal stemmen und das zum Teil bei einer erhöhten Nachfrage unserer Kunden. Zum anderen die globalen logistischen Herausforderungen. Wenn Container in Asien feststecken und nicht rechtzeitig oder nur teilweise beispielsweise in Chile ankommen, dann verursacht das Probleme. Gleichzeitig waren Straßen gesperrt, so dass LKW mehr Zeit einkalkulieren mussten – oder manchmal keine Zeitplanung möglich war.

Wie viele andere Unternehmen stand BENEO in letzter Zeit vor logistischen Herausforderungen

molkerei industrie: Vor allem die Landwirtschaft litt unter zu wenigen Erntehelfern. Geschlossene Grenzen verhinderten den Zugang zu Märkten, Rohstoffen und eben auch Arbeitskräften. Wie ist die Situation bei BENEO?

Meissner: Rohstoffknappheit haben wir bislang glücklicherweise nicht erlebt. Aber wie viele andere Industriezweige standen und stehen wir vor einigen logistischen Herausforderungen, beispielsweise weniger Container und reduzierte Schichten in den Häfen. Auch bei der Ernte in Chile war ein Kraftakt des ganzen Teams nötig, um sie trotzdem pünktlich einbringen zu können. Dort begann unsere Erntesaison praktisch zur gleichen Zeit, als das Land infolge der Pandemie in den Lock-down ging. Aber unser Team vor Ort hat Unglaubliches geleistet, so dass bei der Ernte bisher trotzdem alles wie geplant laufen konnte.

 

molkerei industrie: Viele Unternehmen sehen diese Krise als Chance – welche Lehren ziehen Sie aus dieser Zeit?

Meissner: Eine wichtige Erkenntnis für uns ist, dass es in Krisenzeiten entscheidend ist, sich binnen kürzester Zeit mit seinen Stakeholdern abzustimmen, um die erforderlichen Maßnahmen unmittelbar umsetzen zu können. Ich denke, dadurch konnten die Auswirkungen der Pandemie für unser Unternehmen deutlich abgemildert werden. Für uns als weltweit operierendes Unternehmen ist es wichtig, auch die unterschiedlichen nationalen Vorschriften im Blick zu haben. Hier haben wir wirklich davon profitiert, dass BENEO über einen Krisenstab auf globaler und lokaler Ebene verfügt.

 

molkerei industrie: Dank der gestiegenen Nachfrage nach Lebensmitteln scheint die Lebensmittelindustrie ein Gewinner der Krise zu sein. Sehen Verbraucher Lebensmittel jetzt mit anderen Augen?

Meissner: Die große Nachfrage nach Lebensmitteln hat sich bereits reguliert, und die Hamsterkäufe sind schon jetzt deutlich zurückgegangen. Aber was langfristig bleiben wird, ist, dass Verbraucher sich nun noch stärker mit gesunder Ernährung auseinandersetzen und vermehrt zu gesunden Lebensmitteln greifen, seien es Obst und Gemüse, Bioprodukte und auch funktionelle Lebensmittel. Wie kann ich mein Immunsystem unterstützen, wie fit und gesund bleiben? Das sind die Themen, die vielen Menschen nun noch wichtiger sind. Aktuelle Zahlen zeigen, dass sich fast drei Viertel der Verbraucher infolge der Pandemie gesünder ernähren möchten. Das muss die Industrie im Blick behalten – ob bei der Entwicklung neuer Produkte, oder auch, um bestehende Lösungen zu analysieren und weiter zu verbessern, beispielsweise durch den Einsatz natürlicher Alternativen oder von Inhaltsstoffen mit funktionellen oder gesundheitlichen Benefits.

 

molkerei industrie: Welche grundsätzlichen Fragen sollte sich die Lebensmittelindustrie nach der Krise denn außerdem stellen?

Meissner: In Krisenzeiten konzentriert sich die Aufmerksamkeit in der Regel auf das Wesentliche – und dazu gehört auch eine reibungslose Lieferkette bei Nahrungsmitteln. Deshalb muss man nach der Krise sicher einiges neu bewerten: Wie sichern wir die Versorgung, wenn die Grenzen geschlossen sind, wie können wir ein Gleichgewicht zwischen globaler und regionaler Rohstoffbeschaffung finden – so wie wir es bei BENEO beispielsweise mit Produktionsstätten in verschiedenen Teilen der Welt bereits umgesetzt haben. Außerdem zeigt sich, dass den Verbrauchern wissenschaftlich fundierte Informationen immer wichtiger werden – unserer Ansicht nach ein langfristiger Trend. Wir bei BENEO bauen bei unseren funktionellen Produkten auf ein eben solches, solides wissenschaftliches Fundament. Umso mehr freut es uns, dass die Stimmen der Wissenschaft weltweit wieder mehr im Fokus der Öffentlichkeit stehen – und gehört werden. Dies kann zukünftig sowohl für die Verbraucher als auch für die Nahrungsmittelindustrie nur von Vorteil sein.

Roland Sossna / moproweb

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