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Verlorene Lebensmittel nutzbar machen

Datum: 10.01.2022Quelle: DLG

Zur Umsetzung der im Februar 2019 beschlossenen Nationalen Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung hat die Bundesregierung fünf Dialogforen für alle Sektoren der Lebensmittelversorgungskette ins Leben gerufen. Ihr Auftrag: Maßnahmen zu entwickeln, die Lebensmittelverluste effizient reduzieren. Zwei öffentliche Online-Veranstaltungen gaben jetzt Einblick in die laufenden Arbeiten der Dialogforen Primärproduktion und Verarbeitung, die von der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) koordiniert und gemeinsam mit dem Thünen-Institut bearbeitet werden. Im Fokus stand die Frage, wie der Einsatz von Ressourcen in der Primärproduktion und Verarbeitung optimiert werden kann. Unter anderem wurden folgende Themen diskutiert: Einsatz von Künstlicher Intelligenz, Nutzung von Insekten als Proteinquelle, Weitervermarktung von Nebenprodukten und Überschüssen.

Im November war es an der Zeit, Zwischenbilanz zu ziehen und die bisherigen Ergebnisse aus den laufenden Projekten innerhalb zweier Dialogforen vorzustellen. „Die Akteure der Runden Tische haben hart gearbeitet und bereits starke Hebel identifiziert“, so die ehemalige Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner, die zu Beginn der Foren ein Grußwort sprach. Fest stand für Klöckner, dass es darüber hinaus zusätzliche Maßnahmen zu entwickeln gelte. „Wir werden weiterhin nach Ansatzpunkten suchen müssen, um die Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung nachhaltiger zu gestalten. Der Klimawandel schreitet mit seinen direkten Folgen weiter voran. Der Landverbrauch nimmt zu und die Weltbevölkerung wächst. Aus all diesen Gründen ist nachhaltiges Wirtschaften eine der zentralen Aufgaben unserer Zeit“, betonte Klöckner.

 

Überproduktion mit Künstlicher Intelligenz vermeiden
Großes Potenzial, Verluste in der Lebensmittelproduktion zu reduzieren, hat aus Sicht der Runden Tische im Dialogforum Verarbeitung der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Ein Ansatz, den Dr. Tobias Pfaff bereits verfolgt. Der Geschäftsführer der Antegon GmbH informierte die Teilnehmer des Dialogforums, wie sich ein KI-gestütztes Prognosesystem zur Anpassung der Produktion an die Nachfrage in Bäckereien einsetzen lässt. „Viele Betriebe treffen diese Mengenentscheidung immer noch auf der Papierebene und nicht digital“, so Pfaff. E

 

Mehr Rohstoffeffizienz durch digitale Marktplätze
Ein Tool der Kreislaufwirtschaft, das auf beiden Dialogforen als Lösungsansatz diskutiert wurde, konzentriert sich auf die Vermarktung von Überschussmengen – ein Prozess, der mangels Datenbanken bisher oft mühselig war. Das Startup Leroma bietet dafür eine B2B-Rohstoffbörse, quasi ein Ebay für die Landwirtschaft. Weitergegeben werden auf der Online-Plattform Sekundärstoffe und Nebenprodukte sowie überschüssige Restbestände und Halbfertigzeugnisse. Rohstoffe aus der Primärproduktion und der Lebensmittelverarbeitung, die sonst verlorengehen, können so eine neue Anwendung finden, auch durch Einsatz in alternativen Industrien. „Vielen stellt sich zunächst einmal die Frage, wo sie ihre Produkte anbieten können“, wie Marina Billinger, Leroma-Gründerin und CEO erklärte. Doch nicht nur eine schnelle Vermittlung ist das Ziel. Ebenso neue Geschäftsmodelle will das Unternehmen dabei aufzeigen. „Die Technologien und Konzepte für das Upcycling von Rohstoffresten gibt es meist schon, sie werden nur noch nicht angewendet“, ist Billinger überzeugt.

B2B-Plattform Invisible Foods
Sowohl in der Primärproduktion als auch in der Lebensmittelverarbeitung zählt vor allem die Weitervermarktung von schnell verderblichen Überschüssen zu den größten Herausforderungen – wie sich im Laufe der Workshops, die am Nachmittag der Dialogforen stattfanden, einmal mehr zeigte. Den Teilnehmer beider Veranstaltungen bot sich hier unter anderem die Gelegenheit zur Diskussion mit Amelie Riedesel. Sie ist Managerin des Farm Food Climate Challenge-Programms, das 2020 von der gemeinnützigen Organisation Project Together initiiert wurde und einen zukunftsfähigen Landwirtschafts- und Ernährungssektor mitgestalten will. Über 100 Initiativen zählt es mittlerweile. Eine davon befasst sich mit der Weitervermarktung von überschüssigem Obst und Gemüse über die B2B-Plattform Invisible Foods, die von Co-Founderin Helena Gebhart innerhalb der Workshops vorgestellt wurde. „Wir nutzen Daten und intelligente Algorithmen, um Defekte an den Früchten zu identifizieren, passende Kunden für die Ware zu finden und Einsparungen in Echtzeit zu kommunizieren“, so Gebhart. Um die Technologie zu trainieren, startet Invisible Foods bei Händlern und Zwischenhändlern für Mangos, um dann mit Bilderkennung auch Landwirte ein Tool an die Hand zu geben, Warenüberschüsse zu identifizieren und über eine Plattform für Abnehmer sichtbar zu machen. „Ein Matching-Algorithmus findet dann den Kunden, der genau diese Qualität und diese Reifestufe abnehmen kann – und zwar rechtzeitig“, erläuterte Gebhart. Dank erster Ergebnisse habe man so eine globale Fast-Food-Kette als Kunden für den internationalen Marktplatz gewinnen können.

 

Roland Sossna

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