mi | Verpackung
Der Unterbietungswettbewerb der Dualen Systeme sowie der Export von Kunststoffabfällen haben dazu geführt, dass wenig
in das Kunststoffrecycling investiert wurde – im Bild: Kunststoffregranulat (Foto: Der Grüne Punkt – Duales System
Wie schwierig es ist, den gesetzlichen Gestaltungs-Spielraum zu nutzen,
wird klar, wenn man sich noch einmal die Kalkulationsgrundlagen
und die Interessenlage der Dualen Systeme verdeutlicht: Eine Verpackung,
die leicht zu sortieren und zu recyceln ist, verursacht in der
Regel geringere Kosten und bringt höhere Erlöse. Das kann man kalkulieren
und zur Grundlage der Preisgestaltung machen. Eine Kunststoffverpackung
mit einem Rezyklat-Anteil von 100 % verursacht
allerdings die gleichen Kosten für die Erfassung, Sortierung und Verwertung
wie eine Verpackung aus Primärkunststoff. Das gleiche gilt
für Verpackungen, die zu einem hohen Anteil aus nachwachsenden
Rohstoffe hergestellt werden und die nach §21 ebenfalls gefördert
werden sollen. Aus dem allgemeinen Gebührentopf eines privatwirtschaftlich
organisierten Systems soll etwas bezahlt werden, was
zwar als ökologisch erstrebenswert und politisch förderungswürdig
angesehen wird, aber mit dem eigentlichen Geschäftsmodell eines
Dualen Systems nichts zu tun hat.
Dazu kommt ein grundsätzliches Problem: Die Systeme bekommen
von den Sortieranlagen nicht die von ihnen lizenzierten Wertstoffe
zurück, sondern ein „Mengenäquivalent“. Also ein Gemisch aus gut
und weniger gut recycelbaren Verpackungen, die hohe Erlöse bringen
oder sogar Kosten verursachen. Wer einen hohen Anteil „bonifizierbarer“
Verpackungen lizenziert, nimmt weniger ein, bekommt
dafür aber kein besseres Wertstoffgemisch. Es gehört nicht viel
Phantasie dazu, sich vorzustellen, was die Systeme tun könnten, um
ihre Erlössituation zu verbessern.
Finanzielle Anreize entstehen
durch hohe Recyclingquoten
Fazit: Höhere Recyclingquoten für Kunststoffe waren längst überfällig.
Sie stellen annähernd Wettbewerbsgleichheit mit anderen
Verpackungsmaterialien her und bieten Chancen für die deutsche
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und europäische Recyclingwirtschaft – dies gilt auch oder erst
recht unter den Bedingungen des chinesischen Import-Stopps. Die
Mindestanforderungen, die im Laufe des Jahres vorgelegt werden
sollen, sind ein wichtiger Impuls, Verpackungen recyclinggerechter
zu gestalten. Die jüngsten Aktivitäten und Ankündigungen aus
Handel und Industrie zeigen, dass sich die meisten Akteure ihrer
Verantwortung bewusst sind. Hohe Quoten und höhere Anforderungen
an die Recyclingfähigkeit werden dazu führen, dass sich die
Preis-Kalkulation der Dualen Systeme ändern wird. Jedes System
muss die anspruchsvollen Quoten auf Basis seiner Lizenzmenge erfüllen.
Daher geht kein Weg daran vorbei, Verpackungen, die nicht
auf die stoffliche Verwertungsquote „einzahlen“, finanziell stärker
zu belasten.
Fraglich ist allerdings, ob es mit den Instrumenten des Verpackungsgesetzes
gelingen wird, den Einsatz von Rezyklaten zu
fördern, ohne in die Preisgestaltungsfreiheit der Dualen Systeme
einzugreifen. So verwundert es nicht, dass diejenigen, die ein
wirtschaftliches Interesse am Kunststoffrecycling haben, in jüngster
Zeit nach Lösungen außerhalb des Dualen Systems suchen. Sie
fordern vor allem steuerliche Anreize oder gesetzliche Vorgaben
für den Einsatz von Rezyklaten. Beide Vorschläge werfen eine Reihe
rechtlicher und sachlicher Fragen auf. Aber unabhängig davon:
Märkte für Rezyklate zu schaffen, ist keine originäre Aufgabe des
Staates. Produktverantwortung setzt ein hohes Maß an Eigenverantwortung
der Wirtschaft voraus. Deshalb sind vor allem die Kunststoffproduzenten
sowie die Verarbeiter und Verwender von Kunststoffverpackungen
gefordert. Dass sich hier etwas bewegt, sieht
man an den vielfältigen Diskussionsrunden entlang der Lieferkette.
Am Ende wird die Kunststoffindustrie aber Geld in die Hand nehmen
müssen, um den wachsenden Vorbehalten gegen Kunststoffverpackungen
erfolgreich begegnen zu können.
Deutschland GmbH)