Wieder gut besucht – der Milchpolitische Frühschoppen in der Bundesvertretung des Freistaats Bayern in Berlin (Foto: mi)
Mit dem Thema des traditionell mit dem Berliner Milch-Montag verbundenen Milchpolitischen Frühschoppen hatten die Organisatoren (Milchindustrie-Verband MIV, DBV und DRV) am 22. Januar ins Schwarze getroffen. Denn nahezu die gesamte Branche beschäftigt sich intensiv mit den mit dem Auslaufen der Quote verbundenen Fragestellungen hinsichtlich der zu erwartenden Anlieferungsmengen und den Lieferbeziehungen zwischen Verarbeitern und Erzeugern.
Moderates Wachstum
Wie im Verlauf der Diskussion deutlich wurde, ist mit einem eher moderaten Wachstum der Milcherzeugung zu rechnen. Das DMK geht, so Sönke Voss, der in der Geschäftsleitung für die Rohstoffseite verantwortlich ist, von einem Plus in Höhe von 500 – 600 Mio. kg aus, die bis 2020zu der aktuellen Milchmenge von 6 Mrd. kg (2012) kommen. Allerdings wird sich das Mengenwachstum regional ganz unterschiedlich darstellen: in Hessen wird es eher eine weitere Reduzierung der Erzeugung geben, während z.B. in der Weser-Ems-Region mit einer jährlichen Mehranlieferung von 3-5% zu rechnen sein wird. Dieses Mehr an Rohstoff werde DMK z.T. über verringerten Milchzukauf (700 Mio. kg in 2012) ausgleichen, wobei zugleich aber auch mehr wertschöpfende Produkte in den Export nach Drittländern gehen sollen, sagte Voss. DMK werde in jedem Fall bei zweijährigen Kündigungsfristen und auch bei der Abnahmepflicht bleiben.

Podium (v.l.n.r.): MIV-Vorsitzender Dr. Karl-Heinz Engel, Markus Seemüller (Bayern MEG), prof. Holger Thiele, ife, Tagungsmoderator Ansgar Leifker, top agrar, Sönke Voss, DMK, Udo Folgart, DBV, und Stefen Lange, Sachsenmilch (Foto: mi)
Milchpreis ist regional
Steffen Lange, Chef der Rohstoffeinkaufs der Sachsenmilch (1,6 Mrd. kg Milchverarbeitung, davon 1,1 Mrd. kg von deutschen Lieferanten), sprach sich aus Sicht der Müller-Gruppe für standortspezifische, aber dort einheitliche Milchpreise aus. „Der Milchpreis ist und bleibt regional", erklärte Lange, er werde von den Lieferanten auch nur immer mit der unmittelbaren Region verglichen, ein konzernweiter Milchpreis wäre daher eher kontraproduktiv. Die Müller-Bauern werden am Ende jedes Monats bereits über den für den Folgemonat geltenden Milchpreis informiert. Diesen bildet Müller aus den Wochennotierungen der Leitprodukte, den laufenden Kontrakten und dem Anteil einzelner Produktgruppen an der Gesamtverwertung. Bei künftigen (stets auf 3 Jahre angelegten) Lieferverträgen sollen die Erzeuger Liefermengen vorschlagen, wobei besonders große Erzeuger ggf. Sonderregelungen genießen können, erklärte Lange. Die Sachsenmilch ist übrigens offenbar eine der wenigen Molkereien, die ihre Lieferanten bereits nach der für nach 2015 zu erwartenden Anlieferung befragt hat – während andere Molkereien sich z.T. damit noch zieren, weil sie nicht den Eindruck erwecken wollen, eine „Anschlussquote" zu planen …
Quote hat keinen Einfluss mehr
Tatsächlich bildet die Quote schon heute keinerlei Beschränkung für die Milchproduktion mehr. Den eigentlich begrenzenden Faktor bilde neben dem Kapital und dem Tiermaterial die Fläche bzw. deren Preis, erklärte Prof. Holger Thiel, ife. Nach seinen Erkenntnissen bevorzugen die Landwirte auch in Zukunft eine 100%ige Abnahme- und Andienungspflicht, fordern aber zugleich mehr Transparenz beim zu erwartenden Milchpreis. Informationen über den Milchpreis früher zu vermitteln sei für Molkereien durchaus möglich – dies würde zwar nichts an den Gegebenheiten ändern, der damit zusammenhängende psychologische Faktor sei aber nicht zu unterschätzen.
Wettbewerb beeinflussen
Etwas anders schilderte Markus Seemüller als Geschäftsführer der Bayern MEG (1,85 Mrd. kg Rohstoff) das Verhältnis zwischen Molkereien und Erzeugern. Ihm gehe es darum, den Wettbewerb zu beeinflussen, sagte Seemüller. Eine kartellrechtskonforme Bündelung und Koordination des Rohstoffangebots sei wichtig, damit sich Erzeuger und Verarbeiter „auf Augenhöhe" begegnen können. Der Bayern MEG, so Seemüller, sei auch an einer Molkereistruktur gelegen, die den Wettbewerb zwischen den Milchkäufern stimuliert. Deswegen kündige die Bayern MEG Molkereien auch nur im Extremfall, i.d.R. würden eher Nachverhandlungen stattfinden. Von an Indices gebundenen Milchpreisen hält Seemüller wenig, er wolle stets konkrete Preisverhandlungen. Indices, Notierungen und Veröffentlichungen könnten lediglich dazu dienen, Orientierungspreise für kürzere Zeiträume zu schaffen. Für Lieferverträge hält Seemüller eine unbefristete Laufzeit für optimal.
DMK wird ab diesem Jahr über die Mitgliederinformation im Web und auf klassischen Kommunikationswegen eine Befragung der 10.000 Lieferanten bzgl. der künftigen Anlieferungsmengen starten. Voss rechnet dabei mit 30-40% Rücklauf, was für ein repräsentatives Ergebnis wohl ausreichen muss. Keiner der Lieferanten werde, so Voss, aber auf seiner Prognose „festgenagelt".
Spotmarkt
Der Spotmarkt wird lt. Thiele in Zukunft wohl an Volumen, nicht aber an Bedeutung verlieren. Dies hängt auch mit der Strukturentwicklung der Molkereien zusammen, die mit zunehmender Größe weniger Bedarf am Rohstoffhandel haben. Da der Rohstoff-Markt auf Sicht aber knapp bleiben wird, werden die Spotmarktpreise tendenziell hoch bleiben.
Warentermingeschäfte
Udo Folgart, Vizepräsident des DBV, sprach sich ebenso wie Prof. Thiele zur Risikoabsicherung für eine verstärkte Nutzung von Warentermingeschäften aus. Solche Geschäfte dienten nicht nur der Absicherung, sondern auch der Information über zu erwartenden Preisbewegungen. Sönke Voss hielt dagegen, dass die Börse nur ein weiterer Marktplatz sei und die Absicherung auch fehlschlagen kann, wenn die Märkte sich besser als erwartet entwickeln. Eine Absicherung bringe jedenfalls nicht den höchsten Milchpreis. Seemüller glaubt hingegen nicht daran, dass Börsengeschäfte der richtige Weg sind. Die Branche müsse vielmehr gemeinsam das Beste aus den Gegebenheiten machen.