Arbeitsunfälle - Verhalten als Ursache

molkerei-industrie_06_2014

Arbeitsunfälle Verhalten als Ursache Management | mi Unser Autor: Gerhard Heinze, HRP Heinze Consultants, Kantstraße 24, 51570 Windeck, Telefon: +49 2292 68 06 91. Gerhard Heinze ist Maschinenbau-, REFA- und Sicherheitsingenieur. Er ist Leiter der HRP Heinze Gruppe mit Sitz in Windeck. Das Unternehmen gehört im deutschsprachigen Raum zu den führenden Anbietern bei der Gestaltung von Veränderungsprozessen. Etwa 90 Prozent aller Arbeitsunfälle sind derzeit auf nichttechnische Faktoren in der Unfallursachenkette zurückzuführen. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Verhalten von Beschäftigten sowie den Möglichkeiten, dieses ändern zu helfen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur weiteren Verbesserung des Arbeitsschutzes in der Milchindustrie. Menschliches Verhalten und Gefahrenbewusstsein Dem menschlichen Verhalten liegt ein äußerst komplexer Mechanismus zugrunde. Wahrnehmen, Denken und Entscheiden sind als Elemente der Verhaltenssteuerung sehr individuell und unterliegen keinem direkten Zugriff durch Dritte. Sie lassen sich also nur begrenzt beeinflussen, weil sie vom individuellen Wissen, von aktuellen Gefühlen und Motivationen sowie den jeweiligen Fähigkeiten gesteuert werden. Akzeptierte Regeln, Gebote und Verbote spielen darüber hinaus genauso eine Rolle wie die individuelle Persönlichkeit, Erziehung sowie die Erfahrungen des bisherigen Lebens. Veränderung können diese Faktoren deshalb nur über Training und Führung, aber auch in sozialen Gruppenprozessen erfahren. Dies gilt auch für die natürliche Angst des Menschen vor Gefahren und deren möglichen Folgen (Verletzungen, Tod). Dabei wird davon ausgegangen, dass die aufmerksame Auseinandersetzung mit diesen Folgen ein stabiles Gefahrenbewusstsein bei dem Betreffenden entstehen lässt. Dieses Bewusstsein wiederum mündet über die Verhaltenssteuerung in entsprechende Aktionen und Reaktionen, die der Gefährdung und dem Sicherheitsanspruch entsprechen. Drei Aspekte spielen hierbei eine große Rolle: 1. Wahrnehmen des Gefährdungspotentials Wie (be)greifbar ist die Gefährdung in einer bestimmten Situation? Greifbar sind beispielsweise die Verbrennungen beim Umgang mit Heißdampf, Säuren und Laugen bei der Milchverarbeitung ohne entsprechende persönliche Schutzausrüstung. Oder Verletzungen, die durch landwirtschaftliche Geräte oder industrielle Maschinen in der Milchindustrie entstehen. Dagegen sind Gefährdungen durch geruchlose Stoffe, Lärm oder gar psychosoziale Faktoren eher „unbegreiflich“, da diese zu komplex sind. 2. Auftreten eines unerwünschten Ereignisses Wie wahrscheinlich ist es, dass in einer bestimmten Situation ein unerwünschtes Ereignis eintritt? Denn je häufiger eine bestimmte Situation unbeschadet durchlebt wird, desto mehr stellt sich beim Betreffenden das Gefühl ein, diese sei ungefährlich. Diese Illusion, alles unter Kontrolle zu haben, beeinflusst stark das Gefahrenbewusstsein. Menschen, die aktiv auf eine Situation einwirken, indem sie Maschinen reparieren, Käse und Butter verpacken oder ein landwirtschaftliches Fahrzeug führen, unterschätzen die damit verbundenen Gefahren häufiger als Personen ohne aktive Eingriffsmöglichkeiten. Zudem scheint die Wahrscheinlichkeit eines schweren (Arbeits) Unfalls relativ gering. Tendenziell werden eher seltene Großschadensereignisse (Massenkarambolagen, Flugzeugabstürze) in ihrer Auftretenswahrscheinlichkeit überschätzt. Demgegenüber werden die Gefahren in einer Situation durch deren regelmäßige erfolgreiche Bewältigung meist unterschätzt (Routine-, Steuerstand- oder Maschinen-Tätigkeiten). Fehler entstehen aus Gewohnheit! 6 2014 | moproweb.de 45


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