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Belastungen und Transformation

Datum: 23.01.2024Quelle: MIV / moproweb
Im Screenshot von links: Hans Holtorf (frischli), MIV-Vizevorsitzender, Peter Stahl (Hochland), MIV-Vorsitzender, Eckhard Heuser, MIV-Hauptgeschäftsführer

Beim Milchpolitischen Frühschoppen diskutierte die Milchwirtschaft auch heute wieder am Rande der Grünen Woche die Themen, die die Branche bewegen. Der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes, Peter Stahl, ordnete soeben auf einer Pressekonferenz in Berlin die aktuellen politischen Entwicklungen aus Sicht der Molkereiwirtschaft ein: „Steigende Bürokratie bei sinkender Wertschätzung – wir können den Frust der Milcherzeuger sehr gut verstehen. Der MIV erklärt sich mit den Landwirten und dem Anliegen der Aktionswoche grundsätzlich solidarisch, sofern der Protest in einem friedlichen und demokratischen Rahmen stattfindet. Die Aktionen der Landwirte und die insgesamt große Zustimmung der Bevölkerung zeigen: Die Grenze des Zumutbaren ist teils überschritten, sowohl bei den Erzeugern als auch bei den Verarbeitern.“ Ausgangspunkt der Proteste waren die Mitte Dezember vorgelegten Vorschläge der Bundesregierung zur Agrardieselbeihilfe und zur Aufhebung der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge, um den Bundeshaushalt 2024 ins Gleichgewicht zu bringen.

Stahl und Verbandsvize Holtorf sprachen an, dass die aktuelle Politik kein Vertrauen schafft. Als Beispiel wurde der Art. 148 GMO angeführt, von dem Ökonomen (z.B. Thünen-Institut) nachgewiesen haben, dass Eingriffe in die Vertragsfreiheit durch den Staat nicht zu besseren Milchpreisen führen können. Dennoch hält das BMEL an der “Scharfschaltung” fest, offenbar stand das Ergebnis schon vor allen Diskussionen mit der Branche fest. Bei der Tierwohlabgabe befürchtet der MIV, dass die Molkereien als Flaschenhals in die Pflicht genommen werden sollen. Die Mittel für mehr Tierwohl werden weder der Staat, noch der Handel und am Ende auch nicht die Verbraucher aufbringen, vielmehr werden die Bauern die Abgabe quasi selbst leisten müssen, fürchtet der MIV. Eine bessere Lösung wäre, so Holtorf, gemäß den Vorschlägen der Borchert-Kommission eine Anpassung der Mehrwertsteuer, da diese auch Importware beträfe und die Mittel tatsächlich vom Verbraucher aufgebracht würden. Zudem würde dies keine zusätzliche Bürokratie schaffen. MIV-Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser ist überzeugt, dass die Politik mit der Tierwohlabgabe kommen wird und kündigte er den Widerstand des Verbandes an. Da einige Landwirte bereits in Tierwohl investiert haben, würde eine von den Erzeugern selbst zu bezahlende Abgabe zu großem Unmut auf dem Land führen.

Eingehend auf die verpflichtende Kennzeichnung der Haltungsstufe, die nominell zunächst nur für Fleisch gilt, informiert Heuser darüber, dass der LEH schon ab Juli auch von der Milchwirtschaft eine Kennzeichnung analog Fleisch verflangt, damit die Verbraucher nicht “verwirrt” werden.

Bürokratie belastet Molkereien

Molkereiunternehmen müssen lt. Stahl massiv in Personal und Strukturen investieren, um der Einhaltung und dem Berichtswesen neuer Gesetzgebungen wie dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zu entsprechen – und dabei sind Teile der Verordnungsflut noch in der Pipeline. Dazu kommen Anforderungen der EU-Taxonomie im Sinne einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit sowie zur EU-Verpackungsverordnung PPWR. Im Bereich Verpackung kumulieren Bürokratie und doppelte Kosten für Verpackungslizensierung, Kunststofffond, Kunststoffsteuer sowie das neu eingeführte Pfand auf Milchflaschen aus Kunststoff. Ein Bürokratiemonster droht auch beim Thema entwaldungsfreie Lieferketten EUDR. Für die in der Verordnung genannten Produkte wie Rinder, Soja, Kaffee oder Kakao sind Sorgfaltspflichten ab 2025 entlang der gesamten Lieferkette geknüpft. Für die WTO-Konformität gelten die Bedingungen aber auch für alle Produzenten in der EU. In Zukunft muss jeder Milcherzeuger daher eine Referenznummer haben und Stand heute Geokoordinaten seiner Stallungen und Flächen in ein eigenes System einpflegen.

Branche investiert in die Zukunft

Die Molkereien benötigen planbare und zukunftsorientierte Rahmenbedingungen. Doppellösungen von EU- und nationalem Recht sind in einem gemeinsamen EU-Binnenmarkt nicht förderlich und treiben die Kosten in die Höhe, so der MIV. Die Branche hat bei wichtigen Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit, Tierwohl und Zuckerreduktion bereits vor Jahren den Transformationsprozess angestoßen. Genannt wurden von dem Verband effiziente Verarbeitungstechnologien, Verpackungen und Rezepturänderungen und Tierwohl sowie die Regionalität des Rohstoffs.

Heimische Lebensmittelproduktion schützen

Im Januar lenkte die Bundesregierung beim Agrardiesel ein Stück ein und nahm die Kfz-Steuerbefreiung auch für Milchsammelwagen zurück. Damit ist das Landwirtschaftsministerium dem wesentlichen Kritikpunkt des Milchindustrie-Verbandes an den Vorschlägen zu den Sparplänen zum Bundeshaushalt 2024 nachgekommen. Eine einseitige Überforderung der heimischen Lebensmittelproduzenten wird lt. MIV mit Blick auf die Zukunft jedoch nur den Anteil an importierten Lebensmitteln steigen lassen und den Produktionsstandort Deutschland schwächen. Politik und Branche sollten gemeinsame Lösungen finden, um das zu verhindern.

 

Roland Sossna / moproweb

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