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moproweb live von der EDA-Tagung in Nizza

Datum: 2016-12-02 10:00:00Quelle: molkerei-industrie

Diskussionsrunde mit EU-Agrarkommissar Phil Hogan – Nur Peter Stahl, MIV (Bildmitte), vermochte es, dem Politiker klare Worte zu entlocken (Foto: mi)

 

 

Was heute beim Jahreskongress des Dachverbandes der europäischen Milchindustrie EDA (European Dairy Association) in Nizza als eine Art Kreuzverhör angelegt war, entwickelte sich am Ende dann doch zu einer eher einvernehmlichen Aussprache zwischen EU-Agrarkommissar Phil Hogan und Vertretern führendere europäischer Molkereiunternehmen. In der mit „Our European Dairy Ambition“ getitelten Veranstaltung kam es nur in einigen wenigen Punkten zu einer Dissonanz, nämlich als Hochland-Chef Peter Stahl, der auch Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes ist, Hogan darauf ansprach, dass die EU-Nichtlieferprämie zum absolut unpassenden Zeitpunkt kommt. Hogan erklärte nicht ohne einen leicht aggressiven Unterton, dass als die Kommission vor zu hohen Milchmengen warnte, keiner etwas unternommen habe, weder die Mitgliedsstaaten noch die Milchindustrie. Für ihn, so Hogan, habe oberste Priorität, dass die Existenz der Milcherzeuger gesichert werden kann, nur dies verstehe er unter dem ökonomischen Aspekt der Nachhaltigkeit in Bezug auf die Milcherzeugung.

Hogan hatte vorher darauf hingewiesen, dass ein Drittel der MMP-Jahresproduktion der EU in der Intervention liegt, dass insgesamt eine Milliarde Euro zusätzlich zu dem 56-Mrd.-€ Agrarbudget der EU für die Bewältigung der Marktkrise aufgewendet wurde, inkl. 600 Mio. € an Kosten für die erweiterte Intervention. Hogan erwies sich nicht überraschend als Advokat für den Export. Die Milchindustrie trage 9 Mrd. € der Agrarexportumsätze der EU, hob Hogan lobend hervor. 90% des durch das russische Embargo weggefallenen Absatzes konnte anderswo untergebracht werden; hier unterstrich Hogan aber auch, dass die Molkereien künftig ihre Exportmärkte diversifizieren müssen, damit der Markt nicht wieder in Probleme kommt, wenn ein Abnehmerland ausfällt. Er, so Hogan, wolle nicht, dass der Milchsektor alsbald wieder so großen Interventionsbedarf anmeldet wie in 2015/16. Die Branche, bekräftigte der Kommissar mehrfach, müsse marktorientiert bleiben.


Die Diskutanten (von links): Moderatorin Rose O’Donovan (Agrafacts), Daniel Jaouen (Lactalis), EDA-Vorsitzender Michel Nalet, Peter Stahl (Hochland), Agrarkommissar Phil Hogan, Peder Tuborgh (Arla Foods) und Elli Siltala (Valio) (Foto: mi)

Den Export versucht Hogan mit zahlreichen Reisen in andere Länder zu fördern. Daneben stehen Handelsgespräche mit Australien und Neuseeland sowie mit Japan im Vordergrund. Während aus Agrarsicht die Verhandlungen mit den ozeanischen Ländern gar nicht langsam genug vorankommen können, sagte Hogan, laufen die Gespräche mit Japan ermutigend, hier dürfte ein Abschluss in den kommenden Monaten anstehen. Mit China gestaltet sich die Sache schwieriger, da die Verhandlungspositionen der Chinesen eher undurchsichtig sind und keine klare Strategie ableitbar ist. In Bezug auf Russland bekräftigte Hogan, dass keine Entspannung in Sicht ist, das Embargo werde also weiter andauern.

 

Brexit

Der Brexit bildete erwartungsgemäß auch ein Thema für die Diskussion. Speziell Arla-Chef Peder Tuborgh gab sich besorgt, denn sein Unternehmen hat im UK einen seiner Heimatmärkte. Hogan wies unter anderem darauf hin, dass das UK mit einem Jahresimport von 450.000 t Käse ein weitaus größerer Markt ist als es Russland jemals war. Da das UK aber noch keine Austrittsverhandlungen aufgenommen hat, bleibe so gut wie alles, auch die Frage nach einem Beibehalten des gegenseitigen Marktzugangs  erst einmal im Ungewissen. Gewiss ist hingegen, dass der EU durch den Brexit 10 Mrd. € an Beiträgen wegbrechen. Dies wird sich sicher auch auf den Agrarhaushalt auswirken. Hogan konnte keine Zusagen machen, wie die Förderung des EU-Agrarsektors weitergehen wird, denn aktuell streiten sich viele in der Gemeinschaft um verfügbare Mittel – Hogan brachte hier das Stichwort Migration an. Die Agrarpolitik für 2020 müsse in jedem Fall die bisher erreichten internationalen Übereinkünfte berücksichtigen und auf Stabilität für die Märkte setzen. Hier erwartet der Kommissar entsprechende Vorschläge der Task Force, die er in die GAP 2020 einbringen will.

 

Nationalistische Tendenzen

Von Tuborgh nach seiner Meinung zu einer de facto Renationalisierung des EU-Binnenmarktes durch national verhängte Rohstoff-Herkunftskennzeichnungen befragt, erklärte Hogan nur, dass es persönlich gegen solche Tendenzen sei. Herkunftskennzeichnungen sollten mit besonderen Qualitätsaussagen verbunden sein, was in den bisherigen konkreten Fällen aber nicht erfolgte.

 

 

Moproweb / moproweb

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