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Anspruchsvolle Ziele – die neue F-Gase-Verordnung

Datum: 2015-04-15 14:00:00Quelle: Bitzer

Im Bild: Hermann Renz (links) und Dr. Heinz Jürgensen, Bitzer:

Seit Anfang 2015 gilt EU-weit die neue F-Gase-Verordnung Nr. 517/2014. Doch was genau bedeutet das für die Kälte-, Klima- und Wärmepumpentechnik? Zwei Experten von BITZER, dem weltgrößten unabhängigen Hersteller von Kältemittelverdichtern und seit mehr als 80 Jahren Innovationstreiber der Branche, geben Antworten auf die wichtigsten Fragen: Dr. Heinz Jürgensen (Direktor Anwendungstechnik und Sonderprojekte) und Hermann Renz (Technical Programs Manager). 

Das Thema F-Gase ist wegen der neuen EU-Verordnung gerade brandaktuell. Doch was sind F-Gase eigentlich?

Renz: F-Gase sind synthetisch erzeugte fluorierte Kohlenwasserstoffe. Die chemische Industrie hat eine breite Palette als Kältemittel für Kompressionskälteanlagen entwickelt und dabei Wert auf hohe thermodynamische Effizienz sowie einfache Anwendbarkeit gelegt. Die überwiegend verwendeten F-Gase sind weder toxisch noch brennbar – das verringert die Sicherheitsanforderungen und vereinfacht ihre Handhabung erheblich.

Jürgensen: Ein weiterer Vorteil bei der Nutzung von F-Gasen ist, dass diese eine hohe thermische und chemische Stabilität besitzen. Kälteanlagen, in denen sie Verwendung finden, sind deshalb langlebig und wartungsfreundlich. Das ist wichtig, weil die Mittel unter ganz unterschiedlichen Bedingungen eingesetzt werden. Außerdem werden F-Gase in weiteren Anwendungen genutzt, beispielsweise als Treibmittel für Sprühdosen, als Isolationsgas in Hochspannungsschaltanlagen, als Schaumtreibmittel und als Feuerlöschmittel. 

Und was genau ändert sich durch die neue F-Gase-Verordnung?

Renz: Mit der Verordnung wird die Menge an verfügbaren Kältemitteln mit hohem Treibhauspotenzial (GWP) stark reduziert – teilweise kommt es sogar zu Verboten. Als Berechnungsgrundlage dient nun nicht mehr allein die Füllmenge, sondern auch das CO2-Äquivalent ‒ als Produkt von Füllmenge und jeweiligem GWP. Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotenzial dürfen deshalb in größeren Mengen verwendet werden als solche mit hohem GWP. Viele F-Gase haben aber ein hohes GWP. Das hängt mit ihrer chemischen Stabilität zusammen, sodass sie auch in der Atmosphäre eine lange Lebensdauer aufweisen. 

Wie sieht der Zeitplan der EU-Verordnung aus?

Jürgensen: Die Zeitvorgaben der EU sind sehr anspruchsvoll, allein bis 2018 muss die Industrie die Gesamtmenge der eingesetzten F-Gase um 37 Prozent reduzieren. Bis 2030 dürfen es dann nur noch 21 Prozent des Wertes von 2015 sein – so fordert es der „Phase-Down“. Zudem ist von 2020 an EU-weit der Einsatz des wichtigen Kältemittels R404A in vielen stationären Anlagen verboten. Mit seinem hohen GWP von 3.922 liegt R404A nämlich deutlich über dem dann zulässigen Höchstwert von 2.500. Bis zu ihrer vollständigen Umsetzung im Jahr 2030 wird uns die Verordnung deshalb in Atem halten. Es kommen sogar noch Verschärfungen bei Dichtheitskontrollen sowie strengere Zertifizierungen von Personal, Dokumentationen und Verwaltung auf uns zu. 

Warum verschärft die EU die Vorschriften bezüglich der F-Gase?

Renz: Die seit 2007 geltende erste F-Gase-Verordnung sollte die Emission der Kältemittel vermindern, indem sie eine verbesserte Anlagendichtheit und eine optimierte Rückgewinnung vorschrieb. Doch das Einsparpotenzial dieser Maßnahmen ist nicht ausreichend, um die ambitionierten Klimaziele der EU zu erreichen. Dabei kann der Einsatz von Kältemitteln mit niedrigerem GWP einen wichtigen Beitrag leisten. Hinzu kommt, dass vielfach mit den F-Gasen unsachgemäß umgegangen wurde, gerade weil sie ungefährlich sind. Deshalb hat sich die EU entschlossen, in der neuen F-Gase-Verordnung auch verschärfte Anforderungen hinsichtlich der regelmäßigen Dichtheitskontrolle vorzuschreiben. 

Was sind denn die Kältemittel der Zukunft?

Jürgensen: Wir rechnen fest damit, dass teilfluorierte ungesättigte Kohlenwasserstoffe (HFO), HFO/HFKW-Gemische und natürliche Kältemittel zunehmend an Bedeutung gewinnen und vermehrt eingesetzt werden, denn sie alle haben ein niedriges Treibhauspotenzial. Sehr wichtig ist beispielsweise CO2 (R744). BITZER bietet bereits seit mehr als 15 Jahren CO2-Verdichter sowohl für trans- als auch für subkritische Anwendungen an, die sich inzwischen sehr erfolgreich im Markt etabliert haben. Unterdessen wurde das Produktprogramm für CO2 noch deutlich erweitert. Insbesondere in der Supermarktkälte stellt es eine gute Alternative dar. Doch wir haben natürlich auch Produkte für Ammoniak- und Propananwendungen im Portfolio.

Warum verwendet man nicht einfach immer CO2?

Jürgensen: Kein Kältemittel besitzt zu 100 Prozent optimale Eigenschaften, auch die natürlichen Kältemittel nicht. CO2 ist zweifellos eines der wichtigsten Mittel der Zukunft, denn es ist mit einem GWP von 1 praktisch klimaneutral. In Bezug auf seine Energieeffizienz ist CO2 bei hohen Umgebungstemperaturen anderen Kältemitteln gegenüber jedoch im Nachteil. Das liegt an seinen spezifischen thermodynamischen Eigenschaften. Kältemittel sind deshalb nicht für alle Betriebsbedingungen geeignet. Ammoniak ist beispielsweise in Anlagen mit großer Leistung wie industriellen Kälteanlagen gut nutzbar und lange erprobt sowie technisch ausgereift. Bei kleiner Kälteleistung und geringer Füllmenge ist Propan eine interessante Alternative, die sich mit relativ geringem Aufwand sicher und effizient einsetzen lässt. 

Das bedeutet, Sie müssen lediglich Ihre Verdichter für das betreffende Kältemittel auslegen?

Renz: Abgesehen von einer spezifischen Verdichterausführung erfordert der Einsatz von natürlichen Kältemitteln auch eine angepasste Anlagentechnik, die unter anderem von den besonderen Sicherheitsanforderungen geprägt ist. So ist Ammoniak (NH3) bekanntlich toxisch, Kohlenwasserstoffe sind brennbar und CO2 durch besonders hohe Drucklagen gekennzeichnet. Bei CO2– und NH3-Anwendungen beispielsweise sind nicht nur die Verdichter für besondere Betriebsbedingungen ausgelegt. Vielmehr unterscheidet sich das gesamte Anlagenkonzept wesentlich von typischen F-Gase-Systemen. Die erweiterte Anwendung von natürlichen Kältemitteln erfordert deshalb auch eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung des Fachpersonals.

alle Fotos: Bitzer

 

 

Moproweb / moproweb

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