Mit Wirkung zum 1.Oktober 2015 hat die Bongrain Europarticipations B.V., ein Tochterunternehmen der SAVENCIA S.A., die von ihr gehaltenen Geschäftsanteile an der Andechser Molkerei Scheitz GmbH von 24,83% an Gesellschaften der Familie Scheitz verkauft. Damit befinden sich alle Stimmrechte an der oberbayerischen mittelständischen Bio-Molkerei wieder vollständig im Familienbesitz. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.
Aufgrund eines Prüfverfahrens des Bundeskartellamtes werden die beiden
größten deutschen Bio-Molkereien – Andechser Molkerei Scheitz GmbH und
Molkerei Söbbeke GmbH – künftig wieder als voneinander unabhängige
Wettbewerber am Markt auftreten. Die beiden Bio-Molkereien waren über die
französische Großmolkerei Savencia SA miteinander verbunden. Savencia, bis
vor kurzem unter dem Namen Bongrain bekannt, vermarktet u.a. zahlreiche
konventionell hergestellte Käsesorten wie Bresso, Chaumes, Fol Epi,
Géramont, Le Tartare, Saint Albray und andere. Das Unternehmen beteiligte
sich im Jahr 1999 an Andechser und übernahm in den Jahren 2011 bis 2013
zusätzlich Söbbeke. Die Freigabe für diese Fusion hat Savencia nur durch
unrichtige Angaben im Rahmen des im Jahr 2011 durchgeführten
Fusionskontrollverfahrens erlangt. Nachdem die Falschangaben aufgefallen
waren, hat das Bundeskartellamt ein Entflechtungsverfahren eingeleitet und
umfangreiche Ermittlungen bei den Beteiligten sowie allen deutschen
Biomolkereien durchgeführt.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Unternehmen, die beim
Bundeskartellamt eine Fusion zur Prüfung vorlegen, sind verpflichtet,
umfassende und vor allem richtige Angaben zu machen. Die – nicht zuletzt im
Sinne der Unternehmen – effiziente und schnelle Prüfung von Fusionsvorhaben,
wie sie das Bundeskartellamt praktiziert, lebt davon, dass die Beteiligten
eine vollständige und zutreffende Anmeldung einreichen. Wenn sich im
Nachhinein herausstellt, dass ein Unternehmen diesen Pflichten nicht genügt
hat, stehen dem Amt schlagkräftige Instrumente zur Verfügung, um auch später
noch einen rechtmäßigen Zustand herzustellen. Ein Entflechtungsverfahren
kann auch dazu führen, dass wir die Rückabwicklung eines Zusammenschlusses
anordnen.“
Die Ermittlungen haben bestätigt, dass aus wettbewerblicher Sicht zwischen
den Produktmärkten für konventionell hergestellte und für Bio-Milchprodukte
unterschieden werden muss. Die beiden Molkereien erzielen bei verschiedenen
Produkten der sog. „weißen Linie“ – insbesondere Bio-Fruchtjoghurt und
Naturjoghurt sowie Bio-Fruchtquark und Bio-Drinks – gemeinsame Marktanteile
von deutlich über 50%. Nach den bisherigen Erkenntnissen der
Beschlussabteilung führte der damalige Zusammenschluss auf mehreren Märkten
zu einer erheblichen Beeinträchtigung wirksamen Wettbewerbs.
Die von Savencia im Jahr 2011 erstellte Anmeldung hatte diese
Marktverhältnisse nicht im Ansatz zutreffend wiedergegeben und enthielt
zudem unvollständige Angaben zu weiteren Einflussmöglichkeiten der
Bongrain-Gruppe auf die Andechser Molkerei Scheitz GmbH. Auch auf Nachfragen
im Rahmen des Vorprüfverfahrens hat die Anmelderin keine zutreffenden
Absatzzahlen übermittelt.
Das Bundeskartellamt hat den Beteiligten seine vorläufigen
Ermittlungsergebnisse mitgeteilt. Um die aus Sicht des Amts erforderliche
Auflösung des Zusammenschlusses zwischen Savencia und Söbbeke zu vermeiden,
hat Savencia angeboten, seine Beteiligung an Andechser aufzugeben und die
Anteile zu veräußern. Diese Veräußerung ist nun vollzogen worden, so dass
das Bundeskartellamt das Entflechtungsverfahren gegen Savencia/Bongrain und
Söbbeke einstellen konnte.
Ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen das Gebot, einen
Zusammenschluss richtig und vollständig anzumelden, stellt nach dem Gesetz
gegen Wettbewerbsbeschränkungen eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer
Geldbuße geahndet werden kann.
Messe
Seminare
Termine
Weiterbildung
sonstige Veranstaltung