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EEX

Indikatoren sind keine Milchpreise

Datum: 15.04.2022Quelle: VMB

Die historisch hohen Milchmarktindikatoren finden derzeit maximale Aufmerksamkeit in der Branche und bei den Medien. Und sie führen bei den Milcherzeugern zu erheblicher Diskussion wegen der Differenz von Indikatoren zum Milchpreis. Die wichtigsten im Überblick: Zweiwöchig geht der Blick nach Australien, wenn Milchprodukte an der Handelsplattform GDT gehandelt werden. Auch wenn die letzte Auktion am 5. April  ein leichtes Minus von genau 1 Prozent erbrachte: Die dort in den vergangenen Monaten erzielten Preise sowie der Preisindex liegen auf dem hohen Niveau von 2013.

An den Spotmärkten, vor allem von Rohmilch und Rahm als Indikatoren der kurzfristigen Nachfrage und Verfügbarkeit des Rohstoffes Milch, stiegen die Preise zuletzt auf 60 Cent für die Rohmilch und fast 9 Cent/Fetteinheit. Allerdings ist relativierend anzumerken: Die dort gehandelten Mengen sind gerade in jüngster Vergangenheit überschaubar gering, ohne dass konkrete “amtliche” Zahlen vorliegen. Und das heißt dann auch wiederum, dass am Spotmarkt Preise erzielt werden, die weder marktlogisch noch ökonomisch bewertbar sind. Und eben auch keine Milchpreise sind auf der Basis der Verwertung größerer Milchmengen. Um das Niveau der aktuellen Spotmarktpreise etwas einordnen zu können, sei ein Verweis auf den letzten Handel mit Milchquoten im Oktober 2014 verwiesen: Gerade einmal 5 Monate vor Auslaufen der Milchquote und des totalen Wertverlustes der Lieferrechte orientierte sich damals der letzte Börsenpreis an der Höhe der Superabgabe. Die gezahlten 14 Cent  für die Milchquote stellten quasi eine “Schadensbegrenzung” dar.

Der Börsenmilchwert, als Preiserwartung auf Basis von Terminkontrakten Butter/Magermilchpulver an der Leipziger Börse EEX, kratzte Ende März bereits an der Grenze von 70 Cent, eine Verdoppelung binnen eines Jahres! Der Börsenmilchwert EEX wird berechnet aus den Schlusskursen der an der European Exchange (EEX) in Leipzig handelbaren Kontrakte für eben Butter und Magermilchpulver. Ausdrücklich wird auch beim EEX immer wieder darauf verwiesen, dass der Börsenmilchwert bestenfalls als Orientierungshilfe für den eigenen Milchpreis herhalten kann. Der Milchpreis wird eben auch entscheidend beeinflusst von der jeweiligen Kostenstruktur, dem Produktionssortiment, dem Wettbewerb in der Region um den Rohstoff Milch und – nicht zu vergessen – von den bestehenden Kontrakten, die auf eine Situation wie die aktuelle nicht ausgelegt sind. In den letzten Tagen ist der Börsenmilchwert übrigens um einige Cent gesunken. Auch solche Tendenzen bei Indikatoren gilt es wahrzunehmen, wenn es um die Bewertung langfristiger Marktperspektiven geht.

Besondere Aufmerksamkeit genießt der Kieler Rohstoffwert. Dieser stellt das rechnerische Ergebnis der tatsächlichen Verkäufe von Butter und MMP dar und wird monatlich vom Institut für Ernährung (ife)  in Kiel veröffentlicht. Der letzte „historische“ Tiefpunkt vom März 2016 mit 19,8 Cent wirkt da wie aus der Zeit gefallen. Für März 2022 wurden 60,9 Cent veröffentlicht, 25,2 Cent bzw. 70 Prozent über Vorjahr. Und dazu im Vergleich  die Milchpreise: Im März 2016 erhielten die bayerischen Milchbauern 28,37 Cent netto (bei 4,2 % fett). Für März 2022 dürfte der Milchpreis Bayern bei etwa 44,5 Cent liegen. Die Differenzen zwischen den jeweiligen Rohstoffwerten und den tatsächlich ausgezahlten Milchpreisen zeigen eindrücklich, wie überhitzt derzeit der Milchmarkt ist, angesichts von  in kürzester Zeit sich ändernden Einflussfaktoren. Es ist aber schon paradox: Würden derzeit Molkereien die einfachste Verwertung der Rohmilch in Butter und Magermilch wählen können, würde ein Milchpreis von um die 60 Cent/kg erzielbar sein, sofern keine hinderlichen Kontrakte vorliegen. Die vergangenen Jahrzehnte haben aber gezeigt, dass diese einfachste Verwertungsform  keineswegs nachhaltig ist. Deswegen werden sich die Milcherzeuger in den kommenden Monaten erst einmal der Marke von 50 Cent Auszahlungspreis nähern – und diese mit Sicherheit noch übertreffen. So viel Aussagekraft lassen die aktuellen Milchmarktindikatoren schon zu.

Roland Sossna / moproweb

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