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Offener Brief an Scholz

Datum: 10.04.2024Quelle: MEG Milch Board

Die Verbände LsV Deutschland, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Bundesverband deutscher Milchviehhalter (BDM), MEG Milch Board, Freie Bauern und European Milk Board (EMB) haben einen offenen Brief an Kanzler Scholz gesandt, in dem sie die Inkraftsetzung des Art. 148 GMO fordern:

 

 

 

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

zu Jahresbeginn sind viele Bäuerinnen und Bauern mit ihren Demonstrationen auf der Straße gewesen, weil Ansprüche und Markterträge nicht mehr zusammenpassen.

Erklärtes Ziel der Politik und der Gesellschaft ist es unter anderem, die bäuerliche Landwirtschaft in der Wertschöpfungskette zu stärken und damit zu erhalten.

Die Verbände LsV Deutschland, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Bundesverband deutscher Milchviehhalter (BDM), MEG Milch Board, Freie Bauern und European Milk Board (EMB) begrüßen und unterstützen daher, dass das BMEL den Art. 148 Gemeinsame Marktordnung endlich anwenden will, da die Vorgängerregierung diesen notwendigen Schritt versäumt hat.

Mit Blick auf die Gewinnmarge bei den wichtigsten Milchprodukten zwischen 2014 und 2023 haben Molkereien und Handel die Spanne zwischen Erzeugerpreis und Verbraucherausgaben verdoppelt. In 2023 hat der Einzelhandel die gesunkenen Einstandspreise bisher kaum an Verbraucher weitergegeben.

Es braucht das unternehmerische Handeln als Milcherzeuger mit Verträgen

Für Futtermittel wie Kuhschrot, Diesel und Dünger machen wir Bäuerinnen und Bauern heute langfristige Kontrakte, ebenso für die Getreideernte. Verhandelt werden Lieferzeitraum oder -zeitpunkt, die Menge, natürlich der Preis und auch die Qualität. Dasselbe würde die nationale Umsetzung des Artikel 148 GMO für die Milch bringen. Das hat nichts mit staatlichem Eingriff, Planwirtschaft oder gar Sozialismus zu tun. Im Gegenteil! Der Landwirt wird endlich in die Lage versetzt, sein Produkt zu verkaufen, und zwar zu vorher bekannten und verhandelten Bedingungen. Nur eine Preisbildung von unten nach oben im Zusammenwirken mit fest vereinbarten Liefermengen kann zu fairer Teilhabe der landwirtschaftlichen Betriebe führen. Was wir dadurch gewinnen ist Planbarkeit und die Möglichkeit, endlich echte unternehmerische Entscheidungen zu treffen!

Die den Markt bestimmenden genossenschaftlichen Molkereien haben bisher auf Kosten der Genossenschaftsmitglieder Exportpolitik betrieben. Der Preisdruck, der entsteht, um weltweit wettbewerbsfähig zu sein, kostet alle Milcherzeuger in Deutschland täglich Milchgeld. Viele Verträge mit Privatmolkereien orientieren sich an den umliegenden Genossenschaftsmolkereien. Diese ziehen das Auszahlungsniveau der gut am Markt positionierten Molkereien nach unten. Somit ist eine bisher fehlende Preisbindung immer vorteilhaft für die exportorientierten Genossenschaften bzw. ihre Tochtergesellschaften und nicht zum Wohle der Milcherzeuger. Mit der nationalen Umsetzung des Artikels 148 erweitert bzw. konkretisiert die Vertragspflicht dann die Abnahmepflicht bei den Genossenschaften, die bisher lediglich Menge und Lieferzeitraum definiert. Bündelung ist die Antwort für den Betrieb, der in der Sammeltour am teuersten ist und in der Debatte aktuell Angst gemacht bekommt. Das Genossenschaftsprinzip holen sich die Bauern zurück, um es endlich wieder mit Leben zu füllen.

Bereits heute gibt es starke Unterschiede bei den Auszahlungspreisen. Warum hat denn beispielsweise das Deutsche Milchkontor (DMK) als exportoffensiver Molkereikonzern im vergangenen Jahr einen bis zu 10 Cent/Liter niedrigeren Preis ausgezahlt als andere Molkereien? Mit einer Veränderung der Lieferbeziehung und einer Planbarkeit für den Milcherzeuger kann es beispielsweise betriebsindividuelle Anreize geben, die Angebotsmenge zu reduzieren, und zwar nach marktwirtschaftlichen Prinzipien und ohne staatliche Eingriffe.

Umsetzung von Art. 148 zur Besserstellung der Milcherzeuger im Markt

Voraussetzung für die positiven Effekte von Aufschlägen ist die nationale Umsetzung des Artikel 148 GMO, um mit Vertragspflicht einen ausgehandelten Grundpreis für die gesamte Milchmenge als Basis zu haben. Aktuell wird jede Anhebung der Ansprüche an die Haltungsformen und damit Kostensteigerung auf den Milchviehbetrieben in den Grundauszahlungspreis schleichend eingegliedert. Das schadet aktuell sogar den bisher von Aufschlägen bei Privatmolkereien profitierenden Betrieben. Die Nutzung des Art. 149 GMO und Art. 210a GMO im weiteren Verlauf darauf aufzubauen, ist eine unterstützenswerte Idee. Wenn die Genossenschaftsmolkereien nicht in der Lage sind, höhere Kosten ihrer Mitgliedsbetriebe am Markt unterzubringen, ist ihr Management oder die Grundhaltung das Problem und nicht die nationale Umsetzung eines Artikel 148 GMO zur Besserstellung der Milcherzeuger im Markt.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, es wird endlich Zeit für einen Systemwechsel hin zu einer modernen, echten Vertragsgestaltung. Wir weisen daher nochmals darauf hin, dass Art. 148 nur dann seine volle Wirkmächtigkeit entfalten kann, wenn dessen möglicher Rahmen vollumfänglich genutzt und so umgesetzt wird, dass konkrete Preise und konkrete Mengen zwischen sämtlichen Marktbeteiligten, Genossenschaften eingeschlossen, vor Beginn der Lieferung vereinbart werden müssen. Jede andere Regelung kann nicht die volle Wirkung zeigen – das sehen wir sehr kritisch. Wir wünschen Ihnen und Bundesminister Cem Özdemir daher eine klare Vision zugunsten der deutschen Landwirtschaft im Sinne des freien Unternehmertums.

Für einen weiteren Austausch zu diesem für (noch) mehr als 50.000 Milchbauern wichtigen Thema stehen wir selbstverständlich jederzeit gern zur Verfügung

Mit freundlichen Grüßen,

Ihre Ansprechpartner aller unterzeichnenden Verbände

 

 

Foto: Höveler Holzmann

Roland Sossna / moproweb

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