Markt/Ökonomie/Betriebswirtschaft | mi
8 2019 | moproweb.de 13
Marke oder
Handelsmarke?
Zwei ernstzunehmende strategische Alternativen
für Nahrungsmittelhersteller –
und was beide noch besser machen können
Unser Autor: Dr. Werner Motyka ist Leiter des Geschäftsbereichs Nahrung und Partner bei Munich Strategy.
In der Studie „Geschäftsmodell Handelsmarke“ analysiert er die Erfolgsmuster von Handelsmarken-Lieferanten.
Das Verhältnis zwischen Marken
und Handelsmarken im Lebensmittelhandel
durchläuft derzeit
einen fundamentalen Wandel.
Die Berichte der Marktforschung zeigen dabei
nur einen kleinen Ausschnitt der Realität.
Wenn die GfK für 2018 den Umsatzanteil der
Handelsmarken mit 37 Prozent angibt und
einen Rückgang um einen halben Prozentpunkt
konstatiert, dann ist das weder eine
Trendwende im Siegeszug der Handelsmarken
noch eine wirklich erfreuliche Botschaft
für die Markenartikler. Sieht man genauer
hin, so zeigt sich, dass der Markenzuwachs
ausschließlich auf die aggressive Listung
und Vermarktung von Eckartikeln im Discount
zurückzuführen ist. Auch hier hat erneut
der Handel das Heft in der Hand – die
Industrie beteiligt sich nur.
Auf dem Weg zur heutigen Angebotsfülle
und -qualität hat der Handel seine Eigenmarken
seit den 1980er Jahren über viele Stufen
weiterentwickelt und professionalisiert.
Auch die Lieferanten der Lebensmittelindustrie
haben sich diesen Herausforderungen
gestellt und ihre individuellen Geschäftsmodelle
entwickelt. (Siehe dazu „Neue Herausforderungen
durch Handelsmarke 4.0“ in mi,
12/2018.) Wie die Studie „Geschäftsmodell
Handelsmarke“ von Munich Strategy 2018
gezeigt hat, lassen sich mit dem richtigen
Geschäftsmodell für Private Label nicht nur
hohe Wachstumsraten erzielen, sondern
auch Renditen über dem Branchendurchschnitt.
Mehr denn je stellt das Geschäft mit
Handelsmarken daher heute eine ernsthafte
Alternative oder Ergänzung für Markenhersteller
der Food-Industrie dar. Die B2C-Frontlinie
im Regal wird im Idealfall gegen eine
B2B-Partnerschaft eingetauscht.
Marken und Handelsmarken
auf demselben
Spielfeld
Aufgrund der Professionalisierung des Handels
und unterstützt von kompetenten
Lieferanten finden sich die Marken von Industrie
und Handel heute zunehmend auf
demselben Spielfeld wieder. Waren noch vor
ein paar Jahren die Preiseinstiegslagen das
Revier der Handelsmarken und das obere
Ende der Preis- und Qualitätsskala die exklusive
Domäne der Markenartikler, sind die
Fronten längst aufgeweicht. Vertrauen und
Sicherheit, gespeist durch eine hochwertige
und konstante Produktqualität und immer
wieder neu belebt durch Weiterentwicklung
und Innovationen – das bieten dem Verbraucher
nicht nur die vertrauten Marken der Industrie,
sondern längst auch viele Leistungsmarken
des Handels. Die Markenartikler sind
gut beraten, Handelsmarken als Wettbewerb
auf Augenhöhe wahrzunehmen, auch wenn
er sich oft hinter anonymen grauen Balken
der Marktforschung verbirgt und keinen Namen
trägt.
Aber ist denn dieser Wettbewerb mit
dem Handel und seinen Marken für Indus-
triemarken überhaupt zu gewinnen? Schließlich
verfügt der Handel doch vermeintlich
über alle Trümpfe, seine eigenen Marken zum
Erfolg zu führen. Er kann Distribution ‚auf
Knopfdruck‘ herstellen, bestimmt über den
Preis, die Regalplatzierung sowie Aktionen
und hat Einfluss auf ebendiese Parameter
der im Wettbewerb stehenden Industriemarken.
Aus rechtlicher Sicht wird diese Verknüpfung
bislang jedenfalls nicht als grundsätzlich