Aus Branchensicht waren alle Bundes-
Agrarminister, die dem im Januar
2001 als Folge der BSE-Krise vorzeitig
abgetretenen Karl-Heinz Funke folgten,
mehr oder minder komplette Fehlbesetzungen.
Aus der auf Funke folgenden Riege an völlig
indifferenten LandwirtschafsministerInnen erinnert
man sich insbesondere an zwei Namen:
die Abschafferin der Ressortforschung Renate
Künast mit ihrer völlig inakzeptablen, geradezu
verbohrten, realitätsverweigerndem Attitüde
und Horst Seehofer, der später offen zugab,
dass ihn die Aufgabe weder interessiert noch
4 10 2017 | moproweb.de
Die nächste Fehlbesetzung
zeichnet sich ab
Wird das Landwirtschaftsministerium erneut mit
unengagierten Fachfremden besetzt?
ausgefüllt hat. Es war auch Seehofer, der in
der Folge immer wieder mehr oder minder agrarisch
völlig unbehauchte CSU-Granden in den
Ministerstuhl bugsiert hat, eben weil jemand ein
Amt bekommen musste, gleich welches.
Der amtierende Minister Christian Schmidt
macht da keine Ausnahme. Der größte Fehler
des im Februar 2014 berufenen Verteidigungsexperten
– seine profunde Unkenntnis in landwirtschaftlichen
sche Fehlbesetzung. Denn das Amt eines Bundes
Landwirtschaftsministers ist als Basis für
eine weiterführende politische Karriere wenig
geeignet. Nur wenn wieder eine größere Krise
aufzieht, kommen Agrarminister auch mal in die
Medien. Ansonsten gibt es Außenwirkung nur
in Branchenkreisen, Furore bei einer breiteren
Wählerschaft zu machen ist nicht drin. Künast
hat das seinerzeit schnell erkannt und eine Mission
als Verbraucherschützerin begonnen, mit
der sie sich profilieren konnte. Auch jetzt im
Vorfeld einer möglichen Jamaika-Koalition hebt
kein prominenter Politiker den Finger für das
Agrarministerium, wohl aber reklamieren die
Grünen bereits jetzt den Verbraucherschutz
für sich. Wie es aussieht, wird es wohl entweder
wieder auf eine/n Spitzenfunktionär/in von
CDU/CSU hinauslaufen, für den/die anderswo
keinen Platz frei ist, oder auf einen sendungsbewussten
werden muss.
Es steht unter dem Strich zu erwarten, dass
die neue Regierung wieder einmal jede (land)
wirtschaftliche Realität verleugnen und sich
allem anderen als dem Wohl der heimischen
Branche verpflichtet sehen wird. Keine allzu guten
Aussichten für die nähere Zukunft, denkt
Roland Sossna, auch wenn, als kleines Trostpflaster,
keine Quote 2.0 durchsetzen können wird.
Keine Angst, es wird alles besser
Lasst uns das Auenland 2.0 verwirklichen
Fragen sei ihm an dieser Stelle
nicht vorgehalten – war nicht das Unvermögen,
Agrarpolitik zu machen, sondern die Entlassung
des allgemein anerkannten beamteten Staatssekretärs
Dr. Robert Kloos. Kloos hatte im Landwirtschaftsministerium
eine eigene Hausmacht
und vor allem seine eigene Vorstellung über Politik.
Neben Kloos musste der mit seinem Amt
offenbar unglückliche Minister geradezu verblassen.
Und da es keine Götter neben den Göttern
geben kann, war die vorzeitige Versetzung
von Kloos in den Ruhestand eben die ultima ratio
für Schmidt.
Auch bei der Suche nach einem Nachfolger für
Kloos bewies Schmidt keine glückliche Hand: der
de facto Politrentner Dr. Hermann Onko Aeikens
rückte 2016 im Alter von 65 Jahren wohl als Inter-
imslösung nach. Aeikens tut seinen Job, aber ein
Gestalter ist er sicher nicht.
Man könnte dies alles als Schnee von gestern
abtun, drohte nicht schon wieder eine tragi-
„Das System Milch“, so heißt eine
gerade eben in den Kinos gelaufene
Dokumentation darüber,
wie die Milchwirtschaft funktioniert. Tenor
des Ganzen ist, dass die Erzeuger nur noch für
Konzerne arbeiten, dabei selbst aber vollkommen
auf der Strecke bleiben und deswegen
die Selbstmordrate gerade unter Milchbauern
überproportional hoch ist.
Zum Glück konnten sich Bauern aufgrund
der aktuell so niedrigen Milchpreise den Eintritt
überwiegend nicht leisten, was vielleicht manche
davor bewahrt hat, sich dann doch noch schnell
den Strick zu nehmen. Der Depression wird nun
aber ein Ende gesetzt. Denn die großen Wahlgewinner,
die Grünen, kommen und werden sicher
für wahrhaft paradiesische Zustände in der
Milchwirtschaft sorgen. Die Bauernhöfe werden
ins Auenland zurückversetzt, die Idylle wird dann
bald alle bisher nur auf Verpackungen gedruckte
Motive weit übertreffen. Molkereimanager
müssen sich demnächst nicht länger Gedanken
Grünen, der mit einem Amt versorgt
selbst ein grün besetztes Ministerium
um Export- oder Spotmärkte machen und das
Milchvieh grunzt dazu vor lauter Wohlbefinden,
genießt es nach dem Verbot von Verbrennungsmotoren
doch eine Luftqualität wie es sie zuletzt
in der Kreidezeit gegeben hat.
Nein, der Mensch soll nie verzweifeln. So hart
die Umstände manchmal sein können, irgendwann
kommt ein Gesandter der Ideologie und
ändert alles ins Gute. Das haben Persönlichkeiten
wie Mao Tse Tung, Lenin, Ulrike Meinhoff u.v.m.
uns doch längst bewiesen, denkt Roland Sossna.
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