Was kann UTP bringen?
Am Ende der Diskussion war sich das Podium
einig, dass UTP nur ein Teil von Maßnahmen
sein kann, mit denen die Marktstellung der
Landwirtschaft und deren Einkommen gefördert
werden muss. Es ist v. a. das Spiel
von Angebot und Nachfrage, und dies weltweit,
das die Milchpreise definiert, erklärte
Stahl, der sich froh darüber gab, dass die
UTP-Regelung nach vier Jahren auf ihre
Praktikabilität und Funktion überprüft werden
soll. Ob und die dies erfolgen kann, ist
offen, denn MIV-Vize Hans Holtorf erhielt
auf seine Frage, wie Brüssel denn diese Erfolgsmessung
bewerkstelligen will, keine befriedigende
Antwort. Insofern ist anzunehmen,
dass Stahl mit seiner Wertung, dass
UTP eher wenig in der Branche verändern
wird, durchaus Recht behalten wird.
3 2019 | moproweb.de 29
Der MIV-Vorsitzende Peter Stahl kritisierte
die in der UTP-Richtlinie verankerte
Umsatzgrenze von 350 Mio. € und sprach
sich für eine Gleichbehandlung aller Molkereien
aus (Foto: molkerei-industrie)
Werner sprach sich völlig gegen die UTPRichtlinie
aus (Foto: molkerei-industrie)
sieht bei der UTP-Regelung die Gefahr für
Überregulierung und steigende Protektion.
Zwar sehe das BKartA bestimmte Praktiken
ähnlich kritisch wie die EU Kommission,
doch würden mehr Kartelle am Ende nur die
Verbraucher belasten. Der Ansatz hätte lt.
Engelsing eher von der Marktmacht an sich
ausgehen müssen, und diese ist aufwändiger
in der Beurteilung als eine bloße Umsatzgröße.
Ob das BKartA am Ende für die Überwachung
der Einhaltung der UTP-Auflagen
zuständig sein wird, ist politisch noch nicht
entschieden. In der EU üben aber in 70 % der
Länder die Wettbewerbsbehörden die Aufsicht
über „Fairness“ aus. In jedem Fall habe
das BKartA die Aufgabe, den Wettbewerb
zu schützen, nicht aber einem Glied der Lieferkette
mehr Erlöse zu sichern.
In den MOEL werden Regelungen gegen
unfaire Praktiken von einzelnen Staaten
regelrecht zur Protektion genutzt, berichtete
Werner. Die UTP-Richtlinie habe dies
nicht zur Kenntnis genommen, so dass die
unfaire Behandlung ausländischer Anbieter
weitergehen werde. Mögele gab (Art.
43 des EU Vertrages zitierend) in der Diskussion
zu, dass UTP von vornherein politisch
nicht durchsetzbar gewesen wäre,
hätte die EU es sich zum Ziel gemacht, die
geschilderten Missstände zu beseitigen.
100 % Kontra
Völlig gegen die UTP-Richtlinie sprach sich
Werner aus. Die österreichische Ratspräsidentschaft,
unter der die Richtlinie verabschiedet
wurde, habe erklärt, dass sie den
Bauern „ein Geschenk machen“ wolle, was
nicht Ziel einer Wirtschaftspolitik sein könne.
UTP schieße weit über das Ziel hinaus,
sagte Werner und belaste den Handel einseitig.
Dass die Milchpreisvolatilität nicht von
irgendwelchen Kontrakten mit dem Handel
beeinflusst wird, wies Werner anhand der
Aufzählung der Milchpreiskrisen nach, nach
denen sich die Erlöse ohne Zutun des Handels
immer wieder erholt haben. Das Konzept,
Milchpreise über Handelskonditionen
zu erhöhen, werde nicht funktionieren. Die
EU habe die Landwirte mit dem Auslaufen
der Quote in den Wettbewerb gestellt und
könne nun nicht einfach verlangen, dass
mehr Geld bei ihnen ankommt, erklärte der
Handelsmanager.
Das Podium der MIV-Diskussionsveranstaltung am 21.2.19 in Brüssel (v.l.): Dr. Heinrich Bottermann, Landesregierung NRW, Dr.
Simon Schlüter, DBV, Dr. Felix Engelsing, BKartA, Moderator Dr. Detlef Fechtner, Börsenzeitung, Dr. Rudolf Mögele, DG AGRI,
und Peter Stahl, MIV (Foto: molkerei-industrie)