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molkerei-industrie_05_2017

mi | Technik/IT Abwasserbehandlung Strategien für die Milchindustrie, Teil 2 Unsere Autoren: Dipl.-Ing. Michael Lehde, Dr.-Ing. Eckart Döpkens, Dennis Bernhardt, Dr.-Ing. Martin Lebek, REMONDIS Aqua GmbH & Co KG, Lünen Im ersten Teil des Berichtes über die Abwasserbehandlungsstrategien für die Milchindustrie wurden die Möglichkeiten der anaeroben Abwasserbehandlung, hinsichtlich energetisch nutzbaren Biogases und die Herausforderung der Calciumausfällungen in bzw. auf den Pellets, diskutiert. Im zweiten Teil des Berichtes wird auf die Gefahr von Störstoffen im Abwasser eingegangen. Schutzkonzepte gegen Störstoffe Eine typische Herausforderung beim Betrieb von industriellen Kläranlagen sind wechselnde Zulaufbedingungen, in Abhängigkeit des Produktionsprozesses. Die Belastungen schwanken von Null während einer Betriebspause bis zu extremen Stoßbelastungen, wenn zum Beispiel durch Störungen in der Produktion reines Produkt abgelassen werden muss. Ein Betrieb einer anaeroben Abwasserbehandlung ist nur bei einem relativ stabilen chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) im Zulauf möglich, was durch eine Vielzahl zeitlich nicht abgestimmter und auch störanfälliger Batchprozesse in milchverarbeitenden Betrieben nicht immer gegeben sein muss. Gelangt bei einem Störfall zum Beispiel Milch, je nach Fettgehalt mit einem CSB von 50 bis 200 g/L, in größeren Mengen in das Abwasser, ergibt sich eine Tagesgangline beziehungsweise eine Stoßbelastung wie Abbildung 3 exemplarisch dargestellt. Die Stoßbelastung gefährdet zum einen die Einhaltung der Überwachungswerte im Ablauf der Abwasserbehandlung aufgrund kurzzeitiger Überlastung und einem Durchschlagen der hohen Abbildung 3: Exemplarische Lastschwankungen im Zulauf der Abwasserbehandlungsanlage milchverarbeitender Industrie Konzentrationen, zum anderen kann der im Abwasser vorhandene CSB nicht vollständig verwertet werden, da es zu Einbrüchen des CSB-Abbaugrades von bis zu 25 % nach einer entsprechenden Stoßbelastung kommt. Zu den weiteren Auswirkungen zählen eine Hemmung der Aktivität durch extreme Versäuerung sowie eine sprunghafte temporäre Steigerung der Biogasproduktion. Durch diese explosionsartige Steigerung der Biogasproduktion können die entstehenden Gasbläschen nicht schnell genug aus dem Pellet austreten, so dass die Dichte der Pellets sinkt und die Pellets flotieren. Weiter besteht die Gefahr, dass einzelne Pellets aufgrund des steigenden Gasdrucks explodieren. In der Regel entsteht aufgrund der dargestellten Stoßbelastungen zudem auch mehr Biogas, als das Verwertungsaggregat verbrennen kann. Der unwirtschaftliche Betrieb der Notgasfackel ist die Folge. Vor diesem Hintergrund ist eine Prozessführung erforderlich, die den Schutz des Anaerobreaktors und eine gleichmäßige Biogasproduktion fokussiert. Um den hierzu erforderlichen analytischen und personellen Aufwand möglichst effizient zu gestalten, hat REMONDIS ein Betriebsregime, unter Zuhilfenahme einer Online TOC-Messung, erprobt und im Anschluss in das großtechnische Steuerungskonzept der Abwasserbehandlungsanlage integriert. Hochbelastete Spitzen werden frühzeitig erkannt und automatisch in Havariespeicher geleitet. In Abhängigkeit der Zulaufbelastung kann dieses Abwasser dem Anaerobreaktor wieder in kleinen Mengen zugeführt werden. So kann sichergestellt werden, dass die Beschickung eines Anaerobreaktors mit einer gleichmäßigen Belastung erfolgt und Biogas in möglichst konstant bleibender Menge und Qualität erzeugt wird. Eine weitere typische Herausforderung sind produktionsseitige Änderungen beim Herstellungs- und Reinigungsprozess. Diese können zu einer schleichenden oder 32 5 2017 | moproweb.de


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