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körperlichen Aktivität und dem damit verbundenen
Kalorien- bzw. Mineralstoffverbrauch
sowie dem Vorrat im Kühlschrank.
Digitale Ökosysteme
In Zukunft werden digitale Ökosysteme
entstehen, in denen smarte Produkte miteinander
kommunizieren: Dann „spricht“
das Lebensmittel mit dem Kühlschrank,
dem Kochroboter und der Smart-Watch
des Konsumenten. Voraussetzung dafür
ist eine zentrale Datendrehscheibe, welche
im Privatkundenbereich durch Tech-Unternehmen
(Google, Amazon, Apple) und
Haushaltsgerätehersteller (BSH, Samsung)
aktuell definiert wird.
Ein zentraler Bereich der Digitalisierung
ist die Optimierung und die End-to-End-
Integration der Prozesse (Ebene 3). Das
umfasst die angesprochenen Aspekte der
Supply-Chain ebenso wie die Marketing- &
Vertriebs- bzw. Innovationsprozesse. Neue
übergreifende Prozesse entstehen, Kunden
und Lieferanten werden besser integriert
und damit die Reduktion der Gesamtkosten
(Total Cost of Supply Chain) ermöglicht.
Molkereien können bei der Integration
der Landwirte eine noch aktivere Rolle
einnehmen. Durch einheitliche Systeme,
zentrale Datensammlung und -analyse
können sowohl die übergreifenden Prozesse
optimiert werden, aber auch konkrete
Vorteile für die Landwirte entstehen. Damit
können Molkereien einen wichtigen
Beitrag leisten, um die Ertragskraft und
Überlebensfähigkeit der eigenen Lieferanten
zu stärken.
Um zu konsumentenorientierten und
innovativen Ansätzen zu gelangen, bietet
sich die konsequente Orientierung an der
„Customer Journey“, die von der Bedarfssensibilisierung
bis hin zur Kundenbindung
und Weiterempfehlung läuft, an. Die Herausforderung
besteht darin, den Kunden
entlang des gesamten (unbewussten und
bewussten) Prozesses mit Online-/Offline-
Vermarktungsinstrumenten zu begleiten
und immer wieder an Lösungen zu arbeiten,
die Erleichterung bzw. Begeisterung
beim Konsumenten auslösen. Dabei können
relevante Informationen wie die Herkunft
des Produkts ebenso für den Konsumenten
hilfreich sein, wie die Information auf dem
Smartphone, wenn ein Produkt wenige
Tage vor dem Verfall steht. Convenience-
Produkte zielen ebenso darauf ab, dem
Kunden an entscheidender Stelle das Leben
Abbildung 5: Der Transformationsanspruch jeder Molkerei
ist individuell zu definieren
zu erleichtern, wie auch ein einfacher
Transport der Einkäufe nach Hause.
Datenschätze
generieren
Der Wert von Daten darf bei der Erarbeitung
einer Digitalisierungsstrategie in
Molkereien nicht vernachlässigt werden
(Ebene 4). Bei internen Prozessen sind Daten
in allen Molkereien frei verfügbar bzw.
können durch moderne Betriebsdatenerfassung
an vielen Stellen relativ einfach
verfügbar gemacht werden. Analysetools
machen beispielsweise ERP- (z. B. SAP) Prozessabläufe
in Echtzeit transparent, womit
Prozessfehler reduziert bzw. neue Prozesslösungen
abgeleitet werden. Im Kampf
um Konsumentendaten sind Hersteller im
Vergleich zum Handel in einer schlechteren
Ausgangsposition. Gezieltes und kontinuierliches
digitales Marketing kann hier
ein erster Schritt sein. Sehr weit gedacht,
könnte eine regionale Vermarktungsplattform
mit Partnern (als eigenes Geschäftsmodell)
wahre Datenschätze generieren.
Die Bedeutung von Organisation und
Kultur (Ebene 5) für erfolgreiche „Digitalisierung“
wird häufig unterschätzt. Gegebenenfalls
sind eine Reorganisation und
eine kulturelle Weiterentwicklung im Unternehmen
notwendig, um den Anforde-
rungen der Zukunft gerecht zu werden.
Flache Hierarchien und agile Organisationsformen
können, an richtiger Stelle eingesetzt,
neue Kräfte freisetzen. Prozessveränderungen
funktionieren aber immer nur
so gut, wie sie von den Mitarbeitern gelebt
bzw. von den Führungskräften vorgelebt
werden. Es bedarf also eines echten Committments
von „oberster Stelle“.
Wie weit und wie schnell der Digitalisierungspfad
beschritten werden soll,
ist somit für jede Molkerei individuell zu
definieren. Zusätzlich zur Ausgangslage,
die personelle und finanzielle Ressourcen
beinhaltet, ist der Anspruch an die gewünschte
Transformation zu berücksichtigen.
Die Digitalisierungsansätze reichen
dabei von der Optimierung einzelner Prozesse
(„Funktioniert mit Digitalisierung
besser“), über eine End-to-End-Integration
mit Landwirten und Kunden („Funktioniert
ohne Digitalisierung nicht“), bis hin zum
digitalen Unternehmen, das disruptive Geschäftsmodellansätze
umsetzt und neue
Geschäftsfelder gestaltet.
Häufig wird der erste Schritt der Digitalisierung
als der schwierigste beschrieben
– doch dieser wurde bereits von allen Molkereien
gegangen. Gute Voraussetzungen
also für spannende und erfolgreiche Entwicklungen
bei den Molkereien.