mi | mi-Meinung
Wenn der Vorsitzende eines Verbandes
wechselt, ändert sich eher wenig an
der Grundausrichtung der betreffenden
Organisation. Was sich in einer solchen
Situation ändert, das ist meist eher in den Bereichen
Diktion, öffentliches Auftreten oder Stilmittel
zu verorten. Nicht anders verhält es sich
mit dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter
(BDM), der nun von dem hessischen Milcherzeuger
Stefan Mann geführt wird.
Sein Auftreten wirkt wesentlich ruhiger als das
seines Vorgängers Schaber, auch Manns Diktion
mutet wesentlich gewählter an. In der Sache aber
4 9 2018 | moproweb.de
Die Klamottenkiste
bleibt lebendig
Der BDM hat seine Chance verpasst
Das Milchprodukt der Zukunft
Kurze Anleitung dafür, wie man’s richtig macht
Wie sollte das Milchprodukt des 21.
Jahrhunderts eigentlich beschaffen
sein? Hier haben sich die Marketingleute
offenbar noch keine Gedanken gemacht,
dieser Eindruck drängt sich förmlich auf, wenn
man das aktuelle Sortiment analysiert. Die Redaktion
molkerei-industrie ist da (wie immer)
sehr viel weiter und gibt den Lesern völlig gratis
Nachhilfe:
1) Das Mopro der Zukunft ist NGO-konform. Die
Milchbasis hat 100 % emissionsfrei, wasser-
und und klimaneutral zu sein, Kälber bleiben
lebenslang bei der Kuh.
2) Natürlich darf ein Milchprodukt in Zentraleuropa
keine Lactose enthalten. Für China und
Asien gilt genau das Gegenteil.
3) Das zukunftsfeste Mopro ist biologischethisch
regional und kommt aus Irland.
4) Jede Mopro-Verpackung muss eine Kohlenstoffsenke
sein, was bekanntermaßen immer
schon der Hauptzweck jeder Verpackung war.
5) Das ideale Mopro kostet nichts, kann aber
trotzdem die Bauern sowie die gesamte
Prozess- und Vermarktungskette problemlos
tragen.
Diese fünf Punkte sollten ausreichen, um den
Denkprozess in den Molkereien und den ihnen
vorgeschalteten Think Tanks in den Verbänden
endlich einmal anzuregen und in die richtige
Richtung zu lenken. Brauchen Sie, verehrte Leser,
nun noch mehr Input, können wir Ihnen gern
helfen. Dann aber (saftig) kostenpflichtig, meint
Roland Soßna.
Roland Soss na
Redaktion
bleibt – leider – alles beim Alten. Man hätte sich
gewünscht, dass der BDM mit seinen nach eigener
Darstellung 16.000 Mitgliedern im Zuge des
Übergangs des Vorsitzes den Mut gefunden hätte,
sich zu einer wirklichen Vertretung der Interessen
der deutschen Milcherzeuger zu wandeln.
Einer Vertretung, die eben nicht so sehr auf politischer
Verbandelung wie bei der etablierten Agrarorganisation
basiert, sondern einzig und allein
das wirtschaftliche Wohlergehen der Michbauern
im Auge hat – und dafür auch mit überkommenen
Vorstellungen und Ideen bricht.
Leider hat der BDM seine Chance zum Wandel
nicht genutzt, sondern seine (ökonomisch nicht
haltbare) bisherige Position bekräftigt. Die Rede
ist vom Krisenmanagement für den Milchmarkt,
bei dem Mengenkürzungen obligatorisch werden
sollen. Dieses Konzept wurde schon so oft analysiert,
diskutiert und verworfen, dass an dieser
Stelle nicht die 199. Wiederholung erfolgen soll.
Nur so viel: soll die Mengenkürzung preiswirksam
sein, müsste die prozentuale Mengenrückführung
überproportional hoch ausfallen, da bei
offenen Grenzen eine rein deutsche oder europäische
Krisenintervention ja auch zu billigen
Preisen auf den Weltmarkt strömende, anderswo
erzeugte Mehrmengen mit auffangen müsste.
Dass der BDM sich keine besseren Berater leistet,
die ihm stimmigere Konzepte erarbeiten, ist
wohl allein der im Verband vorherrschenden, eher
kleinbäuerlich geprägten Sichtweise der Dinge
zuzuschreiben.
Die Länderagrarminister haben zwar mehrheitlich
Sympathie für die BDM-Idee gezeigt, doch
werden die meisten von ihnen erkannt haben, dass
eine einseitige Mengenrücknahme in einer globalisierten
Milchwirtschaft keine Lösungsoption darstellt.
Das Einlenken auf ein Krisenmanagement à
la BDM dürfte eher politisches Kalkül sein, als dass
es aus Überzeugung erfolgte. So schlecht beraten
ist wohl kein Amtsträger. Wenn doch, wäre es an
der Zeit, Teile der Ministerialbeamtenschaft von
ihren Aufgaben zu entbinden. In Einzelfällen scheitert
eine Beratung natürlich ganz einfach auch am
mangelnden (nur Sach?)Verstand des Amtsträgers,
so viel sei der Wahrheit geschuldet.
Fatal erweist es sich, dass man Preisausschläge
nie zu 100 % auf bestimmte Kausalitäten zurückführen
kann. Damit kann jeder eine Preisbewegung
so oder so deuten, im Beispiel des BDM
natürlich als Erfolg für das freiwillige EU-Mengenrückführungsprogramm,
das ja fast 1:1 der Ökonomiesicht
des Verbandes entsprochen hat.
Wie dem auch sei, die nervtötende Diskussion
um eine Mengenkürzung im Krisenfall wird die
Branche weiter begleiten. Vielleicht helfen in diesen
Gesprächen ja vorgefertigte Schautafeln mit
Aufschriften wie „Längst widerlegter Unsinn“ o.
ä., da könnte man sich doch glatt viel kostbaren
Atem sparen, meint Roland Soßna.