9 2018 | moproweb.de 49
und Kalb über fragwürdige Werbeversprechen
und die Herkunftsangaben bei verarbeiteten
Produkten bis hin zum Pflichtpfand
für Getränkekartons.
Deshalb gilt es für die Unternehmen der
Milchwirtschaft sich ganz genau mit den
jeweils relevanten Themen auseinanderzusetzen,
Veränderungen wie ein Seismograph
auf den verschiedenen Ebenen zu betrachten
und zeitnah eine strategische Entscheidung
für den Umgang mit einzelnen Issues
zu treffen. Denn viele der im Jahr 2017 diskutierten
Themen waren abzusehen, wenn
man sich mit den gesetzlichen und politischen
Veränderungen sowie den Diskussionen
in der Öffentlichkeit beschäftigt hat.
Voraussetzung hierfür ist, dass man über ein
systematisches Issue Management verfügt.
Umfangreiches Issue
Monitoring
hilft, kritischen Themen
frühzeitig zu begegnen
Nichtsdestotrotz treffen noch immer kritische
Themen bzw. Issues viele Unternehmen
unerwartet und unvorbereitet. In Zeiten
sozialer Medien, die eine blitzschnelle und
milliardenfache Streuung von Themen ermöglichen,
sind der arglose Umgang oder
die fehlende Auseinandersetzung mit Issues
jedoch ein Spiel mit dem Feuer. Schließlich
hängt der Erfolg der Milchwirtschaft
zu einem Großteil von der Reputation ihrer
Marken und Produkte ab. Um den Erfolg zu
bewahren gehört es, dass man sich, im Sinne
eines zielführenden Issue Managements,
regelmäßig mit den kritischen Themen, die
einen umgeben, auseinandersetzt.
Wichtig ist, dass man dabei auch bekannte
Trends und Themen im Rahmen des Issue
Monitorings im Blick hält. Schließlich kann
ein Thema jederzeit durch sich ändernde
Rahmenbedingungen in veränderter Form
erneut in den Fokus geraten. Sowie sich bei
dem Dauerbrenner Glyphosat ständig neue
Aspekte auftun: So verbieten seit einiger
Zeit einige Molkereien ihren Milchlieferanten
den Einsatz des Wirkstoffs.
Zielsetzung ist es jedoch, dass man ein
kritisches Thema idealerweise im Sinne eines
Risikofrühwarnsystems in einer frühen
Phase erkennt, möglichst bevor es stark in
der Öffentlichkeit präsent ist. Dies schafft
die Voraussetzung für eine aktive Auseinandersetzung
und Zeit für die Entwicklung
von Strategien im Umgang hiermit. Beispiel
Einsatz von PMSG in der Schweinezucht:
2017 wurde vermehrt Kritik an der Gewinnung
und Verwendung des Pferdehormons
PMSG laut. So prangert die Albert-Schweitzer
Stiftung an, dass das in Deutschland zur
Brunstsynchronisation in der Schweinezucht
verwendete Hormon aus dem Blut trächtiger
Stuten auf sogenannten „Blutfarmen“
gewonnen werde. Tierschützer bezeichnen
dies als „Pferdefolter“, da die Föten nach der
Blutentnahme abgetrieben und viele Pferde
die regelmäßige und „qualvolle“ Abnahme
großer Mengen Blut nicht überleben würden.
Zunehmend wird auch kritisiert, dass die Anwendung
des Hormons bei Schweinen zu
größeren Würfen führe und überschüssige
Ferkel erschlagen würden. Trotz zunehmender
Kritik am Thema sind noch keine Strategien
der Unternehmen hierzu in der Öffentlichkeit
feststellbar. Ein möglicher Grund
hierfür: Viele Unternehmen betrachten im
Issue Management nur ihr direktes Umfeld
und nicht die gesamte Lieferkette, obgleich
Themen wie PMSG von den Pferdefarmen in
Südamerika leicht auf sämtliche nachgelagerte
Unternehmen ausstrahlen können.
„An issue ignored is a crisis invited”, wusste
schon Henry Kissinger. Um das Verbrauchervertrauen
in das eigene Unternehmen
und seine Marken zu erhalten, sollte also
gerade für Markenunternehmen das Issue
Management nicht nur die Kür, sondern integraler
Bestandteil der Unternehmensstrategie
sein. Hierzu zählen Identifizierung, Bewertung
und Monitoring kritischer Themen
wie auch die Ableitung und Umsetzung von
Strategien zum Umgang hiermit. Denn ein
gut funktionierendes Issue Management ist
die beste Krisenprävention.