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molkerei-industrie_10_2016

desländern die Lebensmittelüberwachung untersteht und sie ihre Lebensmittelüberwachungsbehörden übereinstimmend angewiesen haben, diesen zur Grundlage ihrer Überwachungstätigkeit zu machen. Vor diesem Hintergrund sollte eigentlich für die Hersteller veganer Lebensmittel klar sein, dass bei dem vollständigen Verzicht auf Erzeugnisse tierischen Ursprungs in diesen Lebensmitteln auch die Verwendung von Bezeichnungen, die Lebensmittel tierischen Ursprungs vorbehalten sind oder traditionell für solche verwendet werden, tabu ist. Und genau das ist leider nicht der Fall, wie das nachfolgende Beispiel zeigt. Nach Art. 78 Abs. 1, 2 i.V.m. Anhang VII Teil III VO 1308/2013 (GMO) sind „Milcherzeugnisse“ ausschließlich aus Milch gewonnene Erzeugnisse, wobei jedoch für die Herstellung erforderliche Stoffe zugesetzt werden können, sofern diese nicht verwendet werden, um einen der Milchbestandteile vollständig oder teilweise zu ersetzen. Nach dieser sogenannten Bezeichnungsschutzregelung sind u. a. die Bezeichnungen: Joghurt, Kefir, Käse, Butter, Buttermilch, Rahm, Molke (in allen Amtssprachen der EU) auf allen Vermarktungsstufen ausschließlich Milcherzeugnissen vorbehalten. Ebenfalls sind die tatsächlich für Milcherzeugnisse verwendeten, rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnungen im Sinne von Artikel 5 der Richtlinie 2000/13/EG bzw. Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 also die Bezeichnungen des nationalen Produktrechts nur für Milcherzeugnisse zulässig. Die richtungsweisende Gerichtsentscheidung ist die des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im sogenannten „Diät-Käse- Urteil“ vom 16.12.1999; Rechtssache C 101/98. Darin hat der EuGH dargelegt, dass die damalige VO (EWG) Nr. 1898/87 (jetzt VO 1308/2013 Art. 78 i.V.m Anhang VII, Teil III) dahingehend auszulegen ist, dass ein Milcherzeugnis, bei dem das Milchfett aus diätetischen Gründen durch Pflanzenfett ersetzt worden ist, nicht als „Käse“ bezeichnet werden darf. Im Lichte dieses Urteils hat das LG Trier (Az: 7 HK O 58/16) mit einem Beschluss zu einem Lebensmittel, das als „veganer Käse“ in Verkehr gebracht wurde, entschieden, dass Produkte, die nicht aus (tierischer) Milch hergestellt werden, nicht als „Käse“ oder „Cheese“ vermarktet werden dürfen. „Der Umstand, dass durch erläuternde Zusätze in der näheren Produktbeschreibung klargestellt wird, dass es sich gerade nicht um Produkte tierischen Ursprungs handele, beseitigt die Wettbewerbswidrigkeit nicht.“ Es ist keine Täuschungsabsicht erforderlich!!! (Diese Entscheidung hat noch keine Rechtskraft, weil das betroffene Unternehmen Tofu Town Rechtsmittel eingelegt hat.) Mittlerweile hat sich auch der Arbeitskreis Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (ALS) zur Bezeichnung und Aufmachung von Fleisch- oder Milchersatzprodukten auf pflanzlicher Basis geäußert. In seiner Stellungnahme Nr. 2015/33 wird u. a. ausgeführt: „Die speziellen gemeinschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen für Verkehrsbezeichnungen wie z. B. die VO (EU) Nr. 1308/2013 dürfen bei der Kennzeichnung der entsprechenden pflanzlichen Ersatzprodukte nicht verwendet werden.“ „Eine Kenntlichmachung der abweichenden Beschaffenheit ist hier nicht zulässig und kann insbesondere auch nicht durch Angaben wie „Art ...“, „wie ...“ oder „Typ ...“ in Verbindung mit der Bezeichnung des tierischen Lebensmittels erfolgen.“ Vor dem Hintergrund dieser eindeutigen Rechtslage ist es nicht nachvollziehbar, dass einige Lebensmittelunternehmer immer noch meinen, sie beträfe das geltende Recht nicht. Aufgrund solcher Fehleinschätzung droht dann ein Rechtsstreit. 10 2016 | moproweb.de 27


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