Dampfkessel
(Foto: Müller Beckmann GmbH)
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lagenbau oder reduzieren die erwarteten
Erlöse während des Anlagenbetriebes.
Teilweise droht sogar die Stilllegung des
BHKWs, da energiewirtschaftliche Gesetze
sträflich missachtet werden. Entsprechend
wichtig ist die Frage: Wie kann ein
Industrieunternehmen die heutigen technischen,
kaufmännischen und energiewirtschaftlichen
Anforderungen in praxistaugliche
Lösungen zur Steigerung der
Kosteneffizienz umwandeln?
Ein Rückblick
Der so typische Blick auf den Strom- und
Erdgaslastgang in einem Industrieunternehmen
der Lebensmittelbranche führte
zu dem Ergebnis, ein BHKW mit einer elektrischen
Leistung von mehr als 2.000 kW
zu installieren. Da kein Heizungssystem
vorhanden war, sollte die Abwärme mit Hilfe
einer Absorptionskältemaschine zur Industriekühlung
bei Temperaturen von bis
zu –30 °C verwendet werden. Die finanzierende
Bank wollte die Investitionssumme
von rd. 2 Mio. Euro absichern und bat um
eine unabhängige Stellungnahme.
Die Herausforderung
Die umfängliche Begehung und systematische
Analyse des Industrieunternehmens
mit seinen Produktionsprozessen, Prozessanforderungen,
Energieversorgungssystemen
und Energieerzeugungsanlagen
ergab die Notwendigkeit zum Umdenken.
Bei den bisherigen Betrachtungen wurden
• die vorhandenen Potentiale zur Energieeinsparung
• die Möglichkeiten zur Umstellung von Hochdruckdampf
auf eine klassisches Heizwassersystem
• die Optimierung der Betriebsabläufe
• die Betriebskosten (Versicherung, Wartung
und Instandhaltung, Personal)
• die mangelnden Versorgungssicherheiten
• die prozessbedingten Abluftreinigungsanlagen
• die prozessrelevanten Anforderungen an
die Energieversorgung
• der vorhandene Sanierungsstau
• die notwendige übergeordnete Regelungstechnik
und
• die geplante Unternehmensentwicklung/
Unternehmensstrategie
nicht umfassend oder schlimmstenfalls
gar nicht berücksichtigt. Der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
fehlte in der
Konsequenz das zwingend benötigte
Fundament, um eine Finanzierung sicherzustellen.
Die Herausforderung bestand
somit in der Überarbeitung der technischen
und kaufmännischen Lösung. Ziel
war es, alle notwendigen betrieblichen,
technischen, genehmigungsrechtlichen
und energiewirtschaftlichen Aspekte zu
betrachten, zu bewerten und in eine neue
Gesamtlösung zu überführen.
Managementberatung
Mit dem Management wurde eine neue
Strategie zur Projektentwicklung erarbeitet,
um eine nachhaltige Lösung zu
entwickeln. Es wurden im Vorfeld die Qualitäten,
die Anforderungen und Unternehmensziele
definiert. Diese wurden als Leitlinie
und Orientierung festgeschrieben.
Ein wesentlicher Punkt war die Analyse
und Optimierung von innen nach außen,
d. h. von den Prozessen ausgehend, bis hin
zu der Energiebeschaffung. Nur so konnte
sichergestellt werden, dass alle Effizienzpotentiale
und Betriebsabläufe erkannt
und berücksichtigt wurden.
Effizienzlösung
Nach der Analyse und Konzeptentwicklung
konnten letztendlich insgesamt 11
wirtschaftliche Einsparmaßnahmen identifiziert
werden, von denen acht unmittelbar
umgesetzt wurden. Die restlichen
Maßnahmen wurden aus strategischen
Gründen zurückgestellt, um sie im Rahmen
der anstehenden Produkt- und Prozessentwicklung
erneut zu bewerten und
zu entscheiden.
Systemwechsel
Versorgungsmedium
Die systematische Analyse ergab, dass
rd. 7.000 kg/h Dampfleistung durch ein
Pumpenwarmwassersystem substituiert
werden konnten. Dieser Umstand hatte zu
Folge, dass nun Wärmeverbraucher vorhanden
waren, die mit der Motorenwärme
des BHKW sowie weiterer Wärmerückgewinnungspotentiale
versorgt werden konnten.
Darüber hinaus war die Voraussetzung
für alternative Energieerzeugungsanlagen
wie Warmwasserkessel oder Wärmepumpen
geschaffen. Die Entwicklung des
neuen Energiekonzeptes hatte nun zusätzliche
Handlungsoptionen bzw. energetische
und technische Potentiale.
Abluftreinigung
Die prozessbedingt notwendige Reinigung
der Rauchgase aus den Rauchkammern
wurde bislang durch eine thermische
Nachverbrennung (TNV) realisiert.
Die Anlage erzeugte neben der Rauchgasreinigung
Hochdruckdampf für die
Produktionsprozesse. Der Jahresnutzungsgrad
dieser Kesselanlage lag jedoch
nur bei rund 35 %.
Die Installation einer neuen Abluftreinigungsanlage
führte zu einer Reduzierung
des Energieverbrauchs um rund
6.800 MWh pro Jahr und damit um eine
CO2 Reduzierung von 1.700 Tonnen pro
Jahr. Aus dem Rauchgas konnte darüber
hinaus eine Wärmeleistung von rund
280 kW ausgekoppelt und in das neue Heizungsnetz
eingespeist werden.
Dampfkessel
Die Dampfversorgung wurde durch zwei
Hochdruckdampfkessel mit einer Gesamtleitung
von 22 t/h sichergestellt. Die Jahresnutzungsgrade
der beiden Anlagen lagen
zwischen 35 % und 85 %.
Der ältere der beiden Kessel wurde
durch einen neuen 4-Zug-Dampfkessel
mit einer Leistung von 10 t/h und einem