mi-Meinung: - Kommentar: Auslagerung und Nichtlieferprämie zur Unzeit - Klartext: Schmidt for Nobelpreis!

molkerei-industrie_12_2016

mi | mi-Meinung REDAKTION Zur völligen Überraschung wohl der allermeisten Marktteilnehmer hat sich die EU Kommission entschlossen, schon jetzt in einer Phase, in der sich der Milchmarkt bezogen auf die Auszahlung an die Erzeuger gerade erst zu erholen beginnt, Bestände aus der Intervention abzuverkaufen. So früh hat sich Brüssel bisher noch nie nach einer Interventionskampagne wieder von Ware getrennt. Aber die zurückliegende Interventionsphase war auch eine der umfangreichsten der letzten Dekade. Zum Zeitpunkt des Ver- 4 12 2016 | moproweb.de Auslagerung und Nichtlieferprämie zur Unzeit Verwaltung und Politik erschweren wieder einmal das Geschäft Schmidt for Nobelpreis! Wie ein einfacher Rechtsanwalt die Volatilität des Milchmarkts ausschaltet … Prinzipien, sprich Unbelehrbarkeit, und Fähgkeit zur Negation der Wirklichkeit zählen zu den allerwichtigsten Qualifikationskriterien für eine politische Laufbahn in Deutschland. Dazu kommt unbedingt noch die Multiämterfähigkeit, sprich, ein und dieselbe Person versteht so extrem viel von der Welt, dass sie locker alle Bereiche gestalten kann. Da wir unsere Parlamente nur mit den weltbesten Politikern besetzen, ist deren Ausstattung mit den genannten Grundtugenden natürlich entsprechend ausgeprägt. Ein Beispiel dafür, wie ein Spitzenpolitiker a. d. 2016 gestrickt sein muss, gab Agrarminister Christian Schmidt am 10. November vor dem Bundestag. Der Minister forderte erneut eine „gerechte Risikoverteilung“ zwischen Milcherzeugern und -käufern über eine passende Vertragsgestaltung. Manche mögen ihm wohlwollend zugute gehalten haben, dass er halt von Milch und Markt nichts oder zu wenig versteht. Das Problem ist aber, dass Schmidt eben nicht versteht, dass er nichts versteht. Christian Schmidt, seines Zeichens Rechtsanwalt, ließ sich in seiner Rede herbei, der Molkereiwirtschaft eine Anleitung („Fahrstunden“) anzubieten, wie sie über vorab vertraglich festgelegte Milchpreise die Volatilität des Weltmilchmarkts stoppen kann. Dass es eine so naheliegende und geniale Lösung gibt, daran hat offenbar keiner gedacht, da waren unsere Molkereimanager doch wieder einmal total betriebsblind. Herr Schmidt, wenn Sie so weiter machen, holen Sie noch den Wirtschaftsnobelpreis, ruft Roland Soßna! fassens dieses Kommentars lagen sage und schreibe 334.551 Tonnen Magermilchpulver auf Halde. Mit 21.150 Tonnen sollen nun ca. 6 % davon über eine Ausschreibung wieder in den Markt zurückgehen. Wie zu hören ist, sind es nicht die Lagerkosten, die die Kommission zur Auslagerung veranlassen, sondern die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Milchindustrie im Weltmarkt. Trotz des aktuell starken Dollars liefen die Pulverexporte der Gemeinschaft bisher nicht überaus gut, doch sind sie nun nach der Ankündigung Brüssels nahezu zum Erliegen gekommen. Denn potenzielle Käufer warten jetzt erst einmal ab, wie sich das Preisniveau entwickeln wird. Die Kommission scheint nun doch allzu voreilig gewesen zu sein, ihr Entschluss zur Auslagerung kam zu einem marktpsychologisch komplett falschen Moment, in der Folge hat die EU auch das laufende und nicht nur das kurzfristig zu erwartende Exportgeschäft der Milchwirtschaft blockiert. Nicht nur die Verwaltung, auch die Politik erschwert der Branche aktuell das Wirtschaften. In Teilen völlig überzogene Preise auf dem Spotmarkt deuten darauf hin, dass manche Kapazitäten nicht ausgelastet sind. Von daher dürften die Bauern also gerne etwas mehr Milch anliefern. Und genau in diesem Augenblick platzen die EU bzw. die Nationalstaaten mit ihren das Rohstoffangebot verknappenden Nichtlieferprämien. Man hat durchaus Verständnis dafür, dass staatliche Hilfsmaßnahmen zeitlich immer verzögert sind, aber was die Politik nun mit ihrer völlig zur Unzeit platzierten Nichtlieferprämie anrichtet, darf man getrost als chaotisch bezeichnen. Überdies muss der Sinn dieser Prämie hinterfragt werden: wer sich für sie entschieden hat, bekommt mit 14 Cent nur gerade einmal die Hälfte dessen, was ihm die Molkerei zahlen würde. Die Nichtlieferprämie bringt den Erzeugern also einen negativen Einkommenseffekt, sie bietet aber vor allem Mitnahmemöglichkeit für ausscheidende Betriebe. Agrarpolitisch betrachtet verpuffen die Mittel ohne jede Wirkung. Man mag nun nicht allen in Brüssel oder Berlin an den zuständigen Schaltstellen Stehenden bösen Willen oder mangelnden Durchblick unterstellen. Aber auch guter Wille kann, mangelhaft ausgeführt, Schaden anrichten. Jedenfalls gehen die Milcherzeuger nun schlechter gestellt ins neue Jahr als nötig, aber das kann man den Molkereien nun wirklich nicht ankreiden, meint Roland Soßna.


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