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Milch-Marketing_05_2016

„Alle Beteiligten, Erzeuger, Molkereien und Handel haben eigentlich ein gemeinsames Interesse, nämlich eine nachhaltige Wertsteigerung. So lange sich alle hinter dem Oberflächenargument verstecken, dass am Ende doch nur der Preis entscheidet, so lange wird es auch keine Initiativen und Aktivitäten in Richtung Wertschöpfung Unterschiede eigentlich gleicher Angebote nen, aber die unmittelbare Lust, Begeis- 05/16 · milch-marketing.de 33 sieht. Die Logik des Wachstums, auch des werthaltigen Wachstums, folgt heutzutage nur noch der Logik des Besonderen, des Faszinierenden, des wirklich Anderen... ...was ja dem Verbraucher auch durchaus vermittelt wird. Der Verbraucher ist so, wie man ihn sich herangezogen hat. Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass, wenn man eine konsumierende und kaufende Zielgruppe über viele Jahre an immer niedrigere Preise gewöhnt hat, diese nun plötzlich bereit ist, für austauschbare Produkte mehr Geld auszugeben. Das heißt, eine Veränderung dieser vertrackten Situation geht nur über deutlich wirksam artikulierte Maßnahmen der Wertschätzung für Produkte. Ausgelöst durch wirklich unmittelbar sichtbare und sich aus der Defensive lösende Konzepte. Mehr Wertschöpfung impliziert mehr Produktkreativität auf der Herstellerseite und mehr Wertschätzung aus Sicht der Verbraucher. Die gelbe und weiße Linie boomen seit Jahren. Ist das nicht Wertschätzung genug? Wertschätzung ist ein schönes Wort. Es beschreibt nämlich exakt das, woran es im Augenblick hapert. Der Wert jedes einzelnen Produktes wird von allen Beteiligten nicht so eingeschätzt, wie es möglicherweise seiner Bedeutung in der Versorgung der Menschen gerecht werden könnte. Weil es von jedem Produkt vielfache Varianten, Alternativen auf jeder Preisebene gibt, sieht der Verbraucher vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Das heißt, trotz aller Bemühungen, ist die wertschöpfende Eigenständigkeit jedes einzelnen Produktes aus der Sicht der Menschen als Verbraucher grenzwertig. Die Realität vor dem Regal sieht aber möglicherweise ganz anders aus. In unseren „Design Thinking“- Workshops stellen wir immer wieder fest, dass man die Menschen nur als kaufende Zielgruppe betrachtet, die in intensiven Marktforschungsgesprächen auf die scheinbaren Unterschiede eigentlich gleicher Angebote reagieren sollen. Wir betrachten sie aber nicht als Konsumenten, die hastig ihren Haushalt versorgen wollen und plötzlich vor einem meterlangen Regal für sie doch relativ ähnlich aussehende Produkte und Marken stehen, sondern als Menschen, die durch Stimmungen und Verfassungen mehr beeinflussbar sind als durch scheinbar logische Sortimentsvielfalt. Aber es gibt ja durchaus Sortimente, auf die die Verbraucher derzeit besonders abfahren. Denken wir an Bio, Premium oder Milchprodukte aus der Region. Klar, der Handel erwartet Mehrwerte bei Molkereiprodukten, die beispielsweise aus Gentechnikfreiheit, Produkte aus Weideoder Heumilch oder aus biologischem Anbau resultieren. Aber das sind alles kleine mentale Marktnischen. Die Masse wird nach wie vor über Preisaktionen verramscht. Wie also macht man auch die Massenmärkte wieder attraktiv? Wenn man der Logik der Ergebnisse aus diesen Workshops mit Menschen, die Molkereiprodukte kaufen, folgt, dann sind einzelne segmentorientierte Angebote Entscheidungsargumente, die den Verstand bedienen, aber die unmittelbare Begeisterung, Überzeugung, Sichtbarkeit und Sinnlichkeit von wirklich besonderen Angeboten im Regal doch nicht realisieren. Meine Beobachtung ist: Weil alles doppelt und dreifach vorhanden ist, verliert der Mensch die Wertschätzung für das Einzelne. Dies ist ein altes psychologisches Prinzip und lässt sich zunehmend in der Pluskühlung feststellen. Zudem ist die ausschließliche Orientierung am Nützlichen in Zukunft weniger wirksam, als die Orientierung an der Bedeutung, die Produkte und Marken für die Menschen haben. Wir haben uns durch die überbordende Vielfalt ein eigenes Problem geschaffen, die mangelnde Wertschätzung durch den kaufenden Menschen, weil er glaubt, es gibt alles von allem in vielen Alternativen zum jeweils absolut günstigsten Preis. Zu viele Doubletten am Angebot reduzieren also das Kaufinteresse auf den bloßen Preisvergleich. Preisaktionen des Handels sind die logische Konsequenz aus dem Überangebot. Das Überangebot wiederum ist eine Konsequenz zunehmender Milchmengen. Sortimente, die sich aufgrund dieser Logik entwickeln, entspringen dem kommerziellen Sicherheitsbedürfnis aller am Prozess Beteiligten. Das ist verständlich, jedoch im Endeffekt eine Erosion der Wertschätzung. Um die Sortimente für den Menschen interessanter, faszinierender, begehrenswerter, geben.“ Das Mopro-Regal und die Mopro- Kühltruhe als ein sich permanent veränderndes Bühnenbild für einzelne Themen, Marken, Sortimente. Ein lebendiges Theater der Warenumsetzung. Ein faszinierender Gedanke. meint Agenturchef Peter Maeschig


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