Von der Rohmilchannahme bis zur
Übergabe an den Füller
In TINEs neuer Molkerei in Bergen verbirgt sich hinter den Toren
49 und 50 die Rohmilchannahme. Ab dem frühen Nachmittag trudeln
hier die Lkw ein. Auf zwei Annahmespuren kann die zuvor
gesammelte Milch aus Zugmaschine und Hänger gleichzeitig angenommen
werden. Im freien Fall fließt die Flüssigkeit zunächst
in den Annahmekeller, wo sie entgast und auf zwei Grad Celsius
heruntergekühlt wird. Anschließend wird sie in einen der drei
darüberliegenden Rohmilchtanks gepumpt, von denen jeder ein
Fassungsvermögen von 100.000 Litern besitzt.
Anschließend kommt die Milch in den Hygienebereich: Nachdem
sie auf 55 Grad Celsius erhitzt wurde, läuft sie durch einen Separator,
welcher den Rahm abtrennt. Danach wird der für das Endprodukt
benötigte Fettgehalt eingestellt, dieser Teil der Milch homogenisiert
und anschließend mit der gesammelten Restmilch vermischt.
Der Milcherhitzer hat eine Kapazität von 25.000 Litern pro Stunde,
die Teilstrom-Homogenisierung erfolgt mit 6.000 bis 8.000 Litern
pro Stunde. Der überschüssige Rahm landet in einem der fünf Rohrahmtanks
und wird später zur Sahneproduktion verwendet.
Die Milch selbst wird in einem Wärmetauscher auf 74 Grad Celsius
erhitzt, und im Gegenstromprinzip wird die Temperatur sofort
wieder abgesenkt. Im Eiswasser-Kühler sinkt diese auf zwei Grad
Celsius, anschließend kommt die Milch in einen von fünf Tanks. Neben
den insgesamt zehn Tanks für Milchprodukte befinden sich im
Lager außerdem noch vier weitere für die Saftproduktion.
Ein Ventilknoten von Evoguard steuert anschließend, auf welchem
der fünf Karton-, Großcontainer- und Bag-in-Box-Füller Milch,
Sahne und Saft abgefüllt werden. Zum Reinigen installierte Milkron
außerdem zwei CIP-Anlagen, eine für die Rohmilch und eine
für pasteurisierte Produkte. Die Anforderung TINEs beinhaltete
unter anderem eine Heißwasserdesinfektion bei 80 Grad Celsius.
Um Produktverluste auf ein Minimum zu reduzieren, wird die
Spülmilch während der Startphase der CIP-Reinigung gesammelt,
erhitzt und den Bauern als Tierfutter zur Verfügung gestellt. Die
Mischphasen beim Anfahren, Ausschieben oder Produktwechsel
werden ebenfalls gesammelt, mittels Umkehrosmose auf die
entsprechende Trockensubstanz konzentriert und in das Vorlaufgefäß
des Milcherhitzers eindosiert.
Der Homogenisator von HST wird zur Teil-Homogenisierung
der Trinkmilch eingesetzt (Foto: Krones)
12 2020 | moproweb.de 33
„Und auch beim Thema Energie möchten wir natürlich so effizient
wie möglich unterwegs sein.“
Gemeinsam mit Krones entwickelte TINE dafür ein ausgeklügeltes
Energiekonzept, das neben den Verbräuchen und Parallelen
während des Produktionsprozesses auch die Haus- und Gebäudetechnik
berücksichtigt. Den Kern bildet ein Wärmepumpen-System
mit zwei Temperaturniveaus von 67 und 95 Grad Celsius für Heißwasser.
Diese nutzen die Abwärme der Kälte- und Druckluftanlagen,
die das Gesamtsystem ergänzt. „Wir haben ein relativ komplexes
Energienetzwerk. Mit den Wärmepumpen können wir die
gewonnene Abwärme nutzen, um zum Beispiel Warmwasser zu
produzieren, das Gebäude zu heizen oder das Gelände von Eis und
Schnee zu befreien“, fasst Mårten Haukjem zusammen.
Als weitere Besonderheit wird dank geschlossener Wasserkreisläufe
und trockener Rückkühler kein Wasser für den Betrieb der
Utilities benötigt. Zum Speichern hat TINE vier außenliegende Wassertanks
mit einem Fassungsvermögen von jeweils 130.000 Litern
installiert. Krones kümmerte sich um die Abstimmung mit allen
Schnittstellen und lieferte die Utilities auf Skids vorgefertigt an.
Das Verrohren und Anschließen vor Ort übernahm Milkron.
Das Konzept zahlt sich aus, denn TINE konnte seinen Energieverbrauch
um insgesamt 40 Prozent senken – und wurde dafür von der
European Heat Pump Association ausgezeichnet. Außerdem ist auf
dem Dach der Molkerei neben dem Wärmepumpen-System auch ein
6.000 Quadratmeter großes Netz an Solarzellen installiert, um elektrische
Energie als Back-up zu produzieren und zu speichern.
Schneller als geplant
Für TINE war es das erste Mal, dass sie die gesamte Prozesstechnik in
die Hände von Spezialisten aus dem Krones Konzern legten – und Mårten
Haukjem ist mit dem Ergebnis mehr als zufrieden: „Einer der Gründe,
warum wir uns für Krones entschieden haben, ist die Tatsache, dass
es ein großer Konzern mit viel Erfahrung ist. Schon das abgegebene
Angebot war fast genau das, was wir uns technisch vorgestellt haben
– und die gesamte Klärungsphase war geprägt von guten Gesprächen
und wertvollem Austausch. Wir fühlten uns immer wohl und hatten
durchweg das Gefühl, dass wir die richtige Wahl getroffen haben.“
Neben den technischen Aspekten spielte auch der Zeitplan eine
wichtige Rolle: Obwohl Milkron als Generalunternehmer alle Sublieferanten
koordinierte und sich um die komplette Abwicklung kümmerte,
gab es immer noch zahlreiche Schnittstellen. „Das Timing ist
bei einem so großen Projekt immer eine kritische Komponente. Aber
schon während der Planung und auch dann, als es auf der Baustelle
in die heiße Phase ging, haben alle Beteiligten super zusammengearbeitet.
Am Ende konnten wir die Produktion sogar schon eine Woche
eher starten als ursprünglich geplant“, freut sich Mårten Haukjem.
Im Anschluss kümmerte sich Milkron noch um letzte Einstellarbeiten
und zog im laufenden Betrieb außerdem eine vorhandene Anlage zur
Saftproduktion aus der alten Molkerei um.
TINE hat zwar jetzt in Bergen eine energieeffiziente Molkerei mit
State-of-the-Art-Ausstattung eröffnet, für das Unternehmen ist
das jedoch kein Grund, sich zurückzulehnen: „Wir stehen vor der
Herausforderung, dass der Milchkonsum statistisch gesehen sinkt.
Für uns bedeutet das: Wir müssen unsere Produktion effizienter
gestalten und dabei natürlich unsere hohen Qualitätsstandards
wahren“, so Mårten Haukjem. „Wir sind nie zufrieden, sondern arbeiten
immer daran, noch besser zu werden.“
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