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können. In diesem Fall wäre dann nur dieser angegrenzte Bereich
von der Stilllegung betroffen.
Entscheidend für den Erfolg dieser Maßnahme ist die strikte
Trennung der Bereiche. Dazu gehört beispielsweise, dass
• der Kantinenbereich und die Sozialbereiche abgetrennt werden,
• direkte Kontakte zwischen den Bereichen verboten werden und
Abstimmungen telefonisch oder per Videokonferenz stattfinden,
• Verwaltungsmitarbeiter die Produktion nicht mehr betreten und
• auch die Mitarbeiter der indirekten Produktionsbereiche wie Instandhaltung
oder Qualitätssicherung klar einem direkten Produktionsbereich
zugeordnet werden.
Alle Register ziehen,
um den Materialeinsatz zu reduzieren
Eine Sofortmaßnahme in Zeiten von erhöhten Lieferunsicherheiten
bei kritischen Rohwaren ist die systematische Reduktion des
Materialeinsatzes unter Beachtung der gesetzlichen sowie internen
(QS-) Vorgaben. Dieses Vorgehen empfiehlt sich nicht nur zur
Reduktion des Einsatzes von kritischen Rohwaren, bei welchen
ggf. bereits Lieferengpässe vorliegen, sondern auch zur allgemeinen
Kostenreduktion. Im Folgenden sind beispielhaft einige
Möglichkeiten zur kurzfristigen Reduktion des Materialeinsatzes
skizziert.
Anpassung der Produktionslosgrößen: Unterliegen einzelne
Artikel extremen Engpässen, kann über die Erhöhung von Produktionslosgrößen
(siehe auch Punkt 4.) insbesondere der Rüstschwund
des Artikels z. T. signifikant reduziert werden. Hierbei kann es eine
unternehmerische Entscheidung sein, die Artikelverfügbarkeit zu
maximieren und auf ein Kostenoptimum zu verzichten.
Steuerung der Füllmengen mittels Einsatzes von Statistik:
Die Vorgaben zu Füllgewichten in Fertigwaren sind über die Fertigpackungsverordnung
geregelt und bieten einen oftmals nicht ausgenutzten
Spielraum. Erweitern Sie Ihre Füllmengensteuerung über
Mittelwert und absolute Abweichungen hinaus und integrieren Sie
die Standardabweichung bzw. die Varianz der Füllmengen in ein statistisches
Modell. Dieses weist dann für jeden produzierten Artikel
die Wahrscheinlichkeit aus, den Eichamtstest nicht zu bestehen. Die
dazugewonnene Präzision in der Auswertung der Füllgewichte birgt
regelmäßig ein hohes Potential zur weiteren Reduktion des Materialeinsatzes
und der entsprechenden Kosten.
Steuerung der Inhaltsstoffe: Überdenken Sie Ihre Produktspezifikationen
und Rezepturen und nutzen Sie gesetzliche Spielräume
hinsichtlich der Produktinhaltsstoffe konsequent aus. In
diesem Zuge sollten beispielsweise Wasser-, Fett-, oder andere
Produktanteile konsequent gemessen und ausgesteuert werden.
Fragen Sie sich insbesondere, ob die Produktanteile von kritischen
Rohwaren reduziert werden können, um kurzfristig eine höhere
Ausbringungsmenge bestimmter Fertigwaren sicherzustellen.
Beleuchten Sie auch, ob Substitut-Artikel mit geringeren Anteilen
der kritischen Rohmaterialien temporär einen ähnlichen Artikel
mit höherem Anteil kritischer Rohwaren ersetzen können.
Bestandsstrategien
für Fertigwaren anpassen
Auch in Bezug auf die Bestandsstrategie der Fertigwaren (Vergleich
Punkt 3.) sollte ein bewährtes Bestandsmanagement
20 5 2020 | moproweb.de
hinsichtlich einer eingetretenen Krisensituation unmittelbar
überprüft werden. Klassifizierungslogiken und -ergebnisse sowie
hieraus abgeleitete Maßnahmen und Sicherheitsbestände
sollten zeitnah überprüft werden. Zunächst sollte die grundsätzliche,
unternehmerische Zielstellung, z. B. maximale Versorgungssicherheit
„um jeden Preis“ oder Reduktion der Kapitalbindung
aufgrund von Unsicherheiten geprüft werden. Ist die
Marschrichtung definiert, sollte für jede Klassifizierungskategorie
und im Bedarfsfall auch für einzelne Artikel oder Sortimente
die richtige Handlungsanweisung bestimmt werden. So
kann es grundsätzlich sinnvoll sein die Kapitalbindung zu reduzieren,
in einzelnen Sortimenten jedoch dennoch auf maximale
Versorgungssicherheit zu setzen, auch wenn dies vorerst
widersprüchlich erscheint. Eine zweite Klassifizierung neben
dem Absatzvolumen (ABC) könnte in der aktuellen Situation der
Deckungsbeitrag (XYZ) sein, um eine Fokussierung auf margenträchtige
Sortimente sicherzustellen.
Sobald die überarbeitete Klassifizierung und eine Einordnung der
Fertigwaren in die 9 Klassifizierungskategorien vorliegen, können
wiederum auf die Krisensituation angepasste Bestandsstrategien
und Maßnahmen sowie die entsprechende Sicherheitsbestände
abgeleitet werden. Bei dieser Aktivität ist es wichtig im engen
Austausch mit dem Vertrieb zu stehen und auf einen übermäßigen
Bull-Whip-Effekt aufgrund von erhöhten Nachfrageschwankungen
in allen Stufen der Supply Chain und ggf. stattfindenden Hamsterkäufen
vorbereitet zu sein.
Werten Sie zu diesem Zweck für jede Kategorie der ABC/XYZ
Analyse die aktuellen dynamischen Bestandsreichweiten gegen vom
Vertrieb erstellte Absatzpläne aus und definieren Sie klare Zielreichweiten
als Vorgabe für die Produktion. Auf diese Weise können Sie
bestmöglich und frühzeitig auf Veränderungen reagieren und fortlaufend
die richtigen Bestandsentscheidungen treffen.
Eine intelligente
Auftragssteuerung aufbauen
Wie eingangs beschrieben, führen die Absatzverwerfungen dazu,
dass insbesondere länger haltbare Produkte in der Vertriebsschiene
LEH starke Absatzzuwächse verzeichnen können. Dies kann dazu
führen, dass einzelne Handelszentralen bereits volle LKW-Ladungen
von einem oder zwei Artikeln bestellen. Ein auf diese Gegebenheiten
angepasster Dispositionsprozess wird dann berücksichtigen,
dass Ware möglicherweise direkt vom Werk an den Kunden geliefert
werden kann, sofern QS- oder Reife- bzw. Quarantänezeiten
es technologisch zulassen. In diesem Fall könnte der gesamte Warenumschlag
im Fertigwarenlager, ggfs. auch ein Shuttletransport,
eingespart werden. Hinzu kommt, dass der Handelskunde seine Regallücken
schneller schließen kann.
Auch die Zuordnung von Kunden zu Auslieferungslagern sollte
dynamisch hinterfragt werden. Obwohl ein Kunde standardmäßig
einem Auslieferungslager zugeordnet ist, kann es in Einzelfällen
durchaus Sinn machen, den Kunden von einem anderen Auslieferungslager
zu beliefern. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn
die entsprechende Artikelstruktur des Auftrags besser von dem
anderen Lager geliefert werden kann, da sich die entsprechenden
Produktionswerke eher in der Nähe des alternativen Lagers befinden.
Für eine detaillierte Prüfung, welches Auslieferungslager das
günstigere ist, ist es oftmals hilreich, eine kleine IT-gestützte Lö
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