mi | Reportage
den Part im Projekt zu übernehmen, den
es am besten beherrscht. Gemeinsam
haben wir ein Konzept erstellt, das die
Privatmolkerei Naarmann überzeugt hat.
Wir hatten für die Planung natürlich das
Glück, dass eine völlig neue Energiezentrale
errichtet werden sollte. Eine Anbindung
der neuen Komponenten an die
vorhandenen Einrichtungen wäre baulich
unmöglich gewesen und hätte insgesamt
auch nicht zu dem Optimum geführt, das
wir gemeinsam mit Naarmann realisieren
konnten.“
Bei Naarmann wird der Niedertemperaturfluss
aus den BHKWs, d. h. die
thermische Energie aus dem Motorkühlwasser,
in der Absorptionskälteanlage
genutzt, die Abgaswärme wird über
einen Abhitzekessel in Dampf umgesetzt
– für den der auf Sterilprodukte
ausgelegte Betrieb entsprechenden
Bedarf hat. Die Grundversorgung mit
Wärme übernimmt klassisch ein Dampfkessel
auf dem Betriebsgelände. Dort
steht seit 2014 auch das erste von Naarmann
installierte BHKW. Das erwärmte
Eis/Kaltwasser kommt aus dem Betrieb
über eine Rohrbrücke in NW 200 in die
Energiezentrale. Dort wird es einem
17 m³ Puffertank zugeführt, aus dem
die Absorptionskältemaschine gespeist
wird. Sie verringert im Prinzip autark
geregelt die Kältelast in der Vorkühlung.
28 2 2021 | moproweb.de
Den beiden neuen Eisspeicheranlagen
in der neuen Energiezentrale sind auch
noch zwei Plattenwärmetauscher zur
Vorkühlung vorgeschaltet, da ein reiner
Eisspeicherbetrieb mit sinkender Verdampfungstemperatur
ineffektiv wird.
Die Eisspeicher fungieren als Puffer bei
Lastspitzen und als Wärmetauscher, um
die unbedingt geforderte Temperatur
von 0°C des Eiswasservorlaufs sicherzustellen,
welche für kleine Volumenströme
und guten Wärmeübergang im
Verbrauchernetz benötigt wird. Dies
wiederum eröffnet die Möglichkeit, vorhandene
Pumpen herunterzuregeln, so
noch mehr Strom zu sparen und CO2-
Emissionen zu verringern. Nach einem
Betriebsjahr, in dem Erfahrungen mit
der Anlage gesammelt werden konnten,
geht es jetzt an die Optimierung, berichtet
Kemper. Ein Lastmanagement soll bei
Stromspitzen die Vorkühlung abschalten,
um Strom einzusparen und den Kältebedarf
kurzfristig aus den Speichern
zu decken. Eine Eisschicht soll nur dann
aufgebaut werden, wenn ausreichend
Eigenstrom zur Verfügung steht
Das Eiswasser wird bei Naarmann rein
aus Trinkwasser ohne irgendwelche Zusätze
bereitet. Dabei gibt es keinerlei mikrobiologische
Probleme, zumal, so Kemper,
stets ein kleiner Volumenanteil des Kühlwassers
durch Frischwasser ersetzt wird.
Sicherheit, Effizienz und Redundanz
wird in der neuen Energiezentrale von
Naarmann auch über ausreichend groß
dimensionierte Kondensatoren erreicht.
Stürzebecher: „Am Rückkühler darf man
nicht sparen. Bei zu klein dimensionierten
Aggregaten reicht die Leistung im
Sommer nicht. Und dann werden die
Gegendrücke für die Kompressionskälteanlagen
zu hoch und machen die gesamte
Kälteanlage unwirtschaftlicher.“
Bei Naarmann geht die Kondensationstemperatur
bis auf 17 °C hinunter, was
gegenüber herkömmlichen Anlagen, die
bei 35 °C mit Drücken von 12,5 bar (g)
fahren, einen Druckunterschied von
rund 6 bar (g) ergibt.
Naarmanns neues KWKK-Konzept arbeitet
mit einem COP von 0,5 bei der
Wandlung von Wärme in Kälte und mit
ca. 3,3 bei der Wandlung von Strom in
Kälte. Dies umfasst wohlgemerkt die gesamte
Anlage samt sämtlichen Verteilerpumpen
und nicht, wie zuweilen verfälschend
angegeben, Einzelkomponenten.
Die Integration der Absorptionskältemaschine
in die Kälteanlage wurde von
Kreuzträger gelöst. Die beiden neuen
BHKW von 2G fahren stromlastgesteuert.
Insgesamt kann Naarmann mit den
drei BHKW 92 % des Strombedarfs seiner
inzwischen 200 Mio. kg Rohstoff
verarbeitenden Molkerei decken. Den
ROI für die gesamte technische Investition
in das KWKK-Konzept schätzt Matthias
Kemper auf 3 bis 4 Jahre, der Bau
einer Energiezentrale wäre aufgrund
steigender Produktionskapazitäten und
des notwendigen Ersatzes der Kälteanlage
ohnehin nötig gewesen.
Naarmanns neues KWKK-Konzept
arbeitet mit einem COP von 0,5 bei der
Wandlung von Wärme in Kälte und mit
ca. 3,3 bei der Wandlung von Strom in
Kälte (Foto: mi)
(Abb.: Naarmann)
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