Die Märkte für Milcheiweiß und
Milchfett befinden sich inzwischen
in einer totalen Imbalance. Während
der Spotmarkt für Industrierahm aktuell
über 600 Euro je 100 kg Fett aufruft
(vgl. das Preisbarometer für Versandmilcherzeugnisse
auf moproweb.de), hat sich
das Preisniveau für Magermilchkonzentrat
auf ca. 160 Euro/100 kg Trockenmasse eingestellt
– exakt das Niveau vor einem Jahr.
Milchfett hat hingegen binnen Jahresfrist
4 7 2017 | moproweb.de
Eine ganz neue Marktlage
Das Problem liegt nicht beim Fett, sondern beim Eiweiß
weit über 150 Prozent im Preis zugelegt. Und
der nach oben weisende Preistrend scheint
ungebrochen – noch.
Natürlich ist der Milchfettmarkt nicht
mit anderen Märkten wie z. B. Aktiennotierungen
für IT-Titel vergleichbar, bei denen
Spekulation und Erwartung wichtiger sind
als konkrete geschäftliche Kennzahlen. Und
keiner wird sagen, dass eine Korrektur der
Milchfettpreise schon jetzt überfällig ist, wo
sich doch die Erzeugermilchpreise gerade
einmal wieder auf einer deutlich nachhaltigeren
Ebene bewegen als in den zurückliegenden
beiden Jahren.
Allerdings: wir befinden uns auch in einer
ganz neuen Marktlage. Es wird immer
mehr Käse verzehrt, was in der Summe eine
enorme Fettmenge bindet (ca. 48 % des
deutschen Michfetts geht heute in die gelbe
Linie). Dazu kommt, dass weniger Alternativen
vorhanden sind, um Milchfett, das
sein Image grundlegend verbessert hat, zu
ersetzen. Die jahrelange negative Diskussion
um Palmöl zeigt Wirkung, andere pflanzliche
Fette haben mittlerweile einen durchaus beträchtlichen
Preis und sind nicht unbegrenzt
verfügbar. Butterfett profitiert daneben
auch vom anhaltenden Niedergang des Margarineabsatzes
(warum sonst würde Unilever
seine Sparte verkaufen). Dazu kommt, dass
die Zucht zu Milch mit weniger Fettgehalt
geführt hat und dass klassisch viel Milchfett
verbrauchende Länder wie Frankreich oder
Deutschland aktuell ein deutlich geringeres
Milchaufkommen verzeichnen.
Die angesprochene Gegenbewegung dürfte
erst einsetzen, wenn sich die Milchpreise
wieder stark nach oben in Richtung > 40 Cent
bewegen. Und auch dann könnte es sein,
dass es keine so extreme Mehranlieferung
mehr geben wird wie sie 2015 beobachtet
wurde. Denn inzwischen sind möglicherweise
zu viele Landwirte aus der Produktion ausgestiegen,
als dass es zu sprunghaften Veränderungen
der Rohstoffsituation kommen
könnte. Dies bedeutet, dass Butter/Milchfett
– ceteris paribus – auf längere Zeit die
Milchverwertung stützen wird, wenn auch
evtl. nicht mehr im heutigen Maß.
Das Problem liegt eindeutig nicht beim
Fett, sondern auf Seite des Milcheiweißes.
Lagerbestände jenseits der 300.000 Tonnen-
Marke, niedrige Ölpreise, Unruhen/Krieg in
wichtigen Importländern, das russische Embargo,
und, und, und – all dies lastet schwer
auf dem Eiweißmarkt. Im Moment scheint
niemand ein Rezept dafür zu haben, wie Abhilfe
zu erreichen ist. Gewiss scheint nur eines:
Brüssel wird sich angesichts der Wahlen
in Europa, allzumal der in Deutschland, hüten,
durch Auslagerung die Märkte weiter ins Ungleichgewicht
zu bringen. Ob die inzwischen
propagierte Nahrungsmittelhilfe genug Eiweiß
wegräumen wird, bleibt abzuwarten. Die
Branche bleibt also weiter in volatilen Zeiten,
folgert Roland Soßna.
Frankreich steht vor einer neuen Revolution
Macron muss jetzt handeln, oder er scheitert wie Louis XVI
In Frankreich könnte sich schon bald eine
neue Revolution ereignen. Wie schon vor
228 Jahren geht es im Grunde um Mangelernährung,
wenn auch heute um eine sich
erst anbahnende. Im Gegensatz zu früher
muss der moderne Mensch ja nicht mehr
abwarten, bis katastrophale Entwicklungen
eingetreten sind, bevor er sie erkennt, er
bekommt drohendes Unheil täglich über die
zahlreichen Internetnewsletter angekündigt,
und das auch noch völlig gratis.
Jedenfalls ist die Basis der Ernährung der
Franzosen in akuter Gefahr. Genauer gesagt
dreht es sich um Baguettes, Croissants und
die vielen kleinen nur so von Fett strotzenden
Tartes, die man links des Rheins zum
Überleben benötigt. Der Verband der französischen
Bäcker und Kuchenfabrikanten
sieht angesichts der hohen Butterpreise
trübe Aussichten für seine Mitglieder. Viele
werden aus dem Geschäft aussteigen müssen,
mahnt die Organisation, eine ausreichende
Versorgung der Bevölkerung könne
nicht mehr garantiert werden, wo doch in
manchen Rezepturen Butter ein Viertel der
Zutaten stellt und der Franzose zwar durchaus
bei seinen Politikern, niemals aber bei der
Qualität der Lebensmittel bereit ist, einen
Abstrich zu machen.
Um eine Wiederholung der Geschichte zu
vermeiden, denkt der Herrscher im Elysee-
Palast bereits darüber nach, wie er Backbutterarmut
und gleichzeitigen Milchpreisverfall
vermeiden kann. Macron steht vor der
ersten großen Krise seiner Amtszeit – wird
er es schaffen, oder scheitern wie Louis XVI,
fragt sich Roland Soßna.
mi | mi-Meinung
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