mi | Recht
EuGH stärkt milch-
verarbeitende Branche
Warum man Kokosmilch, aber nicht Tofubutter sagen darf
Unser Autor: Dr. Dirk Smielick, ist Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS
in Köln und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz.
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs
(EuGH) vom 14. Juni 2017 (C-422/16) sind Bezeichnungen
wie „Tofu-Butter“ oder „Pflanzenkäse“ nicht
für Erzeugnisse auf pflanzlicher Basis zulässig. Das gilt selbst
dann, wenn diese mit typischen Milcherzeugnissen wie Butter
oder Käse ähnlich sind. Damit stärkt der EuGH die Position der
milchverarbeitenden Lebensmittelindustrie und schützt sie
vor einer Verwässerung der nach traditionellem Verbraucherverständnis
nur mit Milcherzeugnissen auf tierischer Basis in
Verbindung gebrachten Produktbezeichnungen.
Verband Sozialer Wettbewerb
warf TofuTown wettbewerbswidriges
Verhalten vor
Der Entscheidung des EuGH lag ein Rechtsstreit vor dem Landgericht
Trier zwischen dem Verband Sozialer Wettbewerb e.V.
(„VSW“) und der TofuTown.com GmbH („TofuTown“) zu Grunde.
Letztere bewarb und vertrieb pflanzliche Produkte unter Bezeichnungen
wie „Soyatoo Tofubutter“, „Pflanzenkäse“, „Veggie
Cheese“ oder „Rice Spray Cream“. Nach Ansicht des VSW
verstieß TofuTown dadurch gegen die unionsrechtlichen Regelungen
über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche
Erzeugnisse. Demnach sind Bezeichnungen wie
„Rahm“, „Butter“ oder „Käse“ allein Milcherzeugnissen auf tierischer
Basis vorbehalten. TofuTown sah das anders und meinte,
dass der moderne Verbraucher auch wegen der gleichzeitigen
Verwendung von klarstellenden Zusätzen wie „Tofu“ oder
„Rice“ erkennt, dass es sich um Erzeugnisse rein pflanzlichen
Ursprungs handelt. Das Landgericht Trier rief zur Klärung den
EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens an.
64 8 2017 | moproweb.de
Strenge Sichtweise des EuGH
Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass die strittigen Bezeichnungen
ausschließlich für Milcherzeugnisse tierischen Ursprungs
verwendet werden könnten. Milch ist definiert als ein
durch ein- oder mehrmaliges Melken der normalen Eutersektion
gewonnenes Erzeugnis ohne jeglichen Zusatz oder Entzug.
Milcherzeugnisse sind die nur aus der Milch gewonnenen Erzeugnisse
und es dürfen allenfalls die für die Herstellung erforderlichen
Stoffe zugesetzt werden. Das darf allerdings nicht
passieren, um einen der Milchbestandteile vollständig oder
teilweise zu ersetzen. Bezeichnungen wie „Molke“, „Butter“,
„Käse“ oder „Joghurt“ sind wiederum gesetzlich nur für (Milch-)
Erzeugnisse tierischen Ursprungs vorgesehen. Hieran ändert
auch die in den unionsrechtlichen Vorgaben vorgesehenen
Möglichkeiten der Verwendung zusätzlicher Begriffe
nichts. Denn auch diese Ausnahmeregelungen gehen davon
aus, dass unverändert ein tierisches Erzeugnis vorliegt und
es nicht vollständig durch ein pflanzliches Produkt ersetzt
wird. Nach Ansicht des EuGH steht das auch in keinem Widerspruch
dazu, dass Angaben wie „Kokosmilch“, „Kakao-
butter“ oder „Fleischkäse“ zulässigerweise verwendet werden
können. Die Kommission hatte durch Beschluss vom 20. Dezember
2010 explizit unter anderem eine Verwendung dieser Begriffe
zugelassen, da deren Bedeutung dem Verbraucher aufgrund
ihrer traditionellen Verwendung hinreichend bekannt sei.
Mehr Rechtssicherheit für
die milchverarbeitende Branche
Die Entscheidung des EuGH ist folgerichtig, mag sie auf den
ersten Blick auch nur schwer mit einem modernen Verbrauchverständnis
zu vereinbaren sein. Die stellenweise dem EuGH im