mi | mi-Meinung
Roland Soss na
Redak tion
2 5 2018 | moproweb.de
Unfaires Konzept
gegen unfaire Praktiken?
Brüssel und die EU-Agrarminister raffen es einfach nicht
Mit dem von EU-Agrarkommissar
Phil Hogan vorgelegten Papier
gegen unfaire Handelspraktiken
hat sich Brüssel erstmals konkret auch in das
Verhältnis zwischen Erzeugern von Lebensmitteln
und den Absatzmittlern eingemischt.
Da die EU in ihrer Regulierungswut seit Jahren
(geduldet und gefördert vor allem von Berlin)
nach der Gängelung immer weiterer Bereiche
des wirtschaftlichen, öffentlichen und privaten
Lebens trachtet, konnte es nicht überraschen,
dass nun auch die unfairen Praktiken in
der Lebensmittelkette auf‘s Korn genommen
werden. Der Veerman-Bericht aus dem Jahr
2016 hat dafür eine entsprechende Basis geschaffen
und, nebenbei bemerkt, das Feld für
eine weitgehende Aufweichung des Kartellrechts
für die Landwirtschaft bestellen sollen.
Und tatsächlich liegt in der Lebensmittelkette
vieles im Argen. Der Handel bezieht seine
Produkte zu ganz eigenen Konditionen, die
ihrerseits natürlich das Ergebnis eines jahrzehntelangen,
beinharten Wettbewerbs
darstellen. Nicht maßlose Gier nach Profit
ist hier der Treiber, sondern in manchen Fällen
reine Selbsterhaltung. Dennoch wird die
Konkurrenz im Handel auf den Schultern der
Vorlieferanten ausgetragen. Erpressbarkeit
ist gegeben, kaum ein Hersteller, erst recht
nicht ein großer, kann „Nein“ sagen – bei der
gerade eben beendeten Auseinandersetzung
von Nestlé und Edeka hat man das deutlich
gesehen, auch wenn es anders kommuniziert
wird. Und ganz natürlich sind die Vorlieferanten
der Lebensmittel-Hersteller, hier nicht
nur die Milchbauern, (als Commodityerzeuger)
gegenüber dem LEH komplett machtlos.
Wer nun glaubt, dass Hogan und die Agrarminister
der EU-Länder an dieser Situation
grundlegend etwas ändern, wird möglicherweise
herb enttäuscht werden. Es ist durchaus
zu unterstellen, dass eine Änderung gar
nicht wirklich angestrebt wird, sondern wieder
einmal nur Alibipolitik betrieben werden soll.
Wenn die EU-Staaten unisono, ohne jede Diskussion
eine Brüsseler Initiative gut heißen, wie
Mitte April auf dem Agrargipfel in Luxemburg
geschehen, ist Argwohn angebracht, zumal
wenn wieder einmal verschwenderisch Gerechtigskeitsparolen
ausgegeben werden. Ein
Slogan wie „Stärkung der Position der Landwirte
und Ermöglichung von Preisabsprachen“
lässt sich politisch bestens verkaufen, er ist
geradezu eine Steilvorlage für das allfällige,
oft so dumme Geschwätz der nationalen Politik,
dem wie immer kaum Konkretes folgen
wird. Aber Hauptsache, das Landvolk fühlt sich
von der Politik ernst genommen, wenn es jetzt
wieder in eine Milchkrise gehen sollte, ist der
Schuldige mit dem Handel bereits definiert …
Dass Hogan nur auf das Aufstellen einer
„Richtlinie“ statt auf eine Verordnung zielt,
zeigt die Schwäche seines Ansatzes auf. Es
soll also gar kein EU-weit verbindliches Regelwerk
geben, die Nationalstaaten sollen weiterhin
treiben, was sie wollen, wie z. B. Italien
und Frankreich mit ihrer unsäglichen Kennzeichnung
der Rohstoffherkunft. Einen über
Landesgrenzen hinweg agierenden LEH wird
eine EU-Richtlinie eher wenig stören, wohl
aber könnte es zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen
für EU-weit agierende Zulieferer
des Handels kommen.
Insgesamt bewertet, stellt Hogans Vorschlag
keinen Königsweg, ja noch nicht einmal
einen Weg dar, um Landwirten einen höheren
Anteil an der Wertschöpfung zu sichern, v. a.
auch weil ausdrücklich nur KMU adressiert
sind; den größeren deutschen Molkereien
würde Hogans Plan gar nicht helfen. Wieder
einmal soll „Gerechtigkeit“ über Markt, Initiative,
Unternehmertum, Engagement, Vermarktungsideen
und -konzepte gestellt werden.
Bisherige ähnlich motivierte Konzepte
haben noch nie den Erfolg nach sich gezogen,
erinnert sich Roland Soßna.
Is‘ ja blöd, oder?
Was soll die Massenauszeichnung von Massenware?
Das Leben steckt voller Peinlichkeiten.
Es braucht nur eine jähe Erinnerungsblockade
und man kann
jemanden, den man lange kennt, nicht in
der Runde vorstellen, weil man den Namen
gerade nicht ´rausbekommt. Aber es gibt
Steigerungsmöglichkeiten auf der Skala der
Genierlichkeiten.
Wenn z. B. der DLG-Preis, auf den viele Hersteller
so wahnsinnig stolz sind, auch für ein
Substandardprodukt vergeben wird, dann hat
das was Besonderes. Kann es sein, dass die renommierte
Dt. Landwirtschaftsgesellschaft die
Landwirtschaft einfach nur mit Auszeichnungen
flutet? Sich, dem Mainstream längst angepasst,
der Masse statt der Klasse verschreibt?
Nicht umsonst hängen ja die DLG-Urkunden
in den Fluren und Eingangsbereichen der
Hersteller in einer solchen Zahl, dass es weder
Tapete noch Wandanstrich bedarf. Das
ist in etwa so, als würde jeder kleine Schreiberling
reihum den Pulitzer-Preis bekommen,
nur weil er ganze Sätze formulieren kann,
denkt sich Roland Soßna.