Abbildung 3: EU-Milchauszahlungspreise und EU-Äquivalenzpreise
(Butter und Magermilchpulver)
Quelle: DG AGRI – Reg. 2017/1185 Art. 12(a) - Annex II.4(a) (https://ec.europa.eu/agriculture/
sites/ agriculture/files/market-observatory/milk/pdf/dashboard-dairy_en.pdf.
12 2018 | moproweb.de 11
zwischen regulären Preisen und Sonderangeboten.
Preisunterschiede zwischen den
Geschäften spielen eine geringere Rolle;
das gilt insbesondere für die Handelsmarken
im Preiseinstiegssegment. Der Vergleich
hält auch für die sogenannten Harddiscounter
Aldi und Lidl. Bei Aldi und Lidl
kosten die Preiseinstiegsmarken genauso
viel wie bei Edeka oder Rewe. Dies bestätigt
den funktionierenden Preiswettbewerb im
Lebensmitteleinzelhandel.
Marktmacht ist daher, wie vom Bundeskartellamt
dargelegt, eher auf der
Beschaffungsseite zu vermuten. Dazu betrachten
wir hier die Weitergabe von Kosten
zwischen den Molkereien und dem Lebensmitteleinzelhandel.
Als Referenzpreis
für den Einkauf von Trinkmilch verwenden
wir den Molkereiabgabepreis für Milch; bei
Butter wird die Kempener Notierung verwendet.
Es zeigt sich klar, dass Herstellermarken
höhere Preise durchsetzen können.
Die Herstellermarken der genossenschaftlichen
Molkereien sind dabei allerdings
weniger erfolgreich im Vergleich zu den
privaten. Die Handelsmarken insbesondere
im Preiseinstiegsbereich markieren
die Preiseuntergrenze. Modellrechnungen
zeigen, dass die Handelsmarken die Änderungen
der Einkaufspreise nahezu eins zu
eins in ihren Preisen gegenüber den Konsumenten
umsetzen. Die Herstellermarken
reagieren sogar noch stärker auf die Änderungen
der Einkaufspreise, allerdings mit
einer etwas stärkeren zeitlichen Verzögerung,
was wahrscheinlich auf die längeren
Vertragslaufzeiten zurückzuführen ist. In
Abb. 2 sind die vertikalen Preisbeziehungen
für verschiedene Frischmilchprodukte
beispielhaft dargestellt. Für Butter zeigen
sich vergleichbare Zusammenhänge.
Weiterhin wird dem Lebensmitteleinzelhandel
oft eine sogenannte asymmetrische
Kostenweitergabe vorgeworfen.
Wenn Kosten steigen, steigen auch die
Endverbraucherpreise, aber wenn die Einkaufspreise
sinken, passen die Lebensmitteleinzelhändler
die Endverbraucherpreise
erst verzögert und/oder in geringerem
Umfang an. Die Daten betätigen diese
Vermutung. Allerdings zeigt sich dieses
Verhalten erstaunlicherweise am stärksten
bei den Handelsmarken, die kaum
Preisaufschläge durchsetzen können. Die
ökonomischen Effekte der asymmetrischen
Kostenanpassung sind allerdings
vergleichsweise unbedeutend.
Der Lebensmitteleinzelhandel reagiert
also durchaus erwartungsgemäß auf Kostenänderungen.
Die Änderungen der Einkaufspreise
werden aber nicht durch die
Kosten der heimischen Milcherzeuger bestimmt,
sondern seit der Liberalisierung
des Milchmarktes im Zuge der Umsetzung
der Luxemburger Beschlüsse in 2003 durch
die Knappheitsverhältnisse auf den Weltmärkten
für Milchprodukte. Die Einflussfaktoren
auf die Weltmarktpreise sind dabei
vielfältig. Sie reichen von Änderungen
der Wechselkurse bis hin zu Einkommens-,
Produktions- und Konjunkturänderungen
in den wichtigen Ex- und Importländern für
Milchprodukte. Diese Veränderungen bestimmen
die Erzeugerpreise für Rohmilch
in der EU. Es gibt eine enge Beziehung zwischen
den Großhandelspreisen für Butter
und Magermilchpulver in der EU und auf
dem Weltmarkt. Die Preise für Butter und
Magermilchpulver in der EU wiederum bestimmen
zum großen Teil die Auszahlungspreise
für Rohmilcheisen für Rohmilch an
die Landwirte in der EU (s. Abb. 3 ).
Fazit: Kostenänderungen bestimmen
die Preissetzung für Milchprodukte im
deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Die
Kosten spiegeln aber die Kosten der EUMilcherzeuger
weder im Niveau noch im
Änderungsverhalten wider. Die Knappheitsverhältnisse
auf den Weltmärkten für
Milchprodukte bestimmen diese Kosten
und damit die Preise auch im deutschen
Lebensmitteleinzelhandel. Sie bestimmen
damit auch die Preise für die EU-Milchproduzenten.
Ein Ausweg aus dieser Fremdbestimmung
stellen grundsätzlich die Etablierung
von starken Marken dar. Damit die
Preissetzungsspielräume starker Marken
aber auch preiswirksam für die Milchproduzenten
werden, müssen diese in der
Kontrolle der Produzenten sein, entweder
direkt oder zumindest indirekt über eine
Genossenschaft. Beispiele hierfür sind
Marken wie „Die Faire Milch“ oder „Hamfelder
Hof“. Private Molkereien werden
Preisvorteile nicht oder nur sehr begrenzt
weitergeben, wenn es der Wettbewerb um
Rohmilch nicht erfordert. Die Erfahrung
zeigt allerdings, dass die Etablierung einer
erfolgreichen Marke ein steiniger und riskanter
Weg sein kann. Zudem ist eine solche
Strategie keine Alternative für die Masse
der Erzeuger, denn der überwiegende
Teil der Milch und Butter wird heute über
Handelsmarken abgesetzt. Der Lebensmitteleinzelhandel
versucht zudem mit Premium
Handelsmarken den höherpreisigen
Markt der Herstellermarken anzugreifen.