4 11 2019 | moproweb.de
Wieso trifft es
ausgerechnet Käse?
Weil das Leben einfach ungerecht ist!
mi | mi-Meinung
Roland Soßna
Redaktion
Das Leben ist voller
Enttäuschungen
und Unger
e c ht i g ke i te n,
was speziell auch für das Geschäftsleben
gilt. So mag es
die Milchindustrie als höchst
ungerecht empfinden, dass
sie direkt in den Subventionskrieg
zwischen dem USamerikanischen
Flugzeughersteller
Boeing und seinem
europäischen Pendant Airbus
hineingezogen wird. Denn
was hat der A320 mit Käse zu
tun, außer dass an Bord dieser
Flugzeuge ab und zu Käse
(meist eher minderer Qualität)
serviert wird? Richtig, auf den
ersten Blick rein gar nichts.
Aber es geht in der Logik eines
Handelsstreits auch gar
nicht um direkte Bezüge.
Die Auseinandersetzungen
zwischen den USA und der EU
über die Höhe der auf beiden
Seiten in die Flugzeugproduktion
fließenden Subventionen
dauern inzwischen 15 Jahre
an und sind mitnichten dem
amtierenden Präsidenten zuzuschreiben,
sondern seinem
hierzulande aus unverständlichen
Gründen sehr viel populärerem
Vorgänger Obama. Der
Weg durch die WTO Instanzen
dauerte ganz einfach seine
Zeit, und erst jetzt können die
Vereinigten Staaten Maßnahmen
ergreifen – was Trump
nun natürlich freudig in seiner
Strategie „Make America
great again“ verwerten kann.
Gewöhnlich werden Strafzölle
nicht für den eigentlich
strittigen Bereich verhängt,
denn die gegnerische Antwort
könnte ja am Ende auch einmal
wirklich weh tun. Dies zeigte
sich z. B. im letzten Jahr, als die
USA höhere Zölle auf Stahl und
Aluminium auf Europa einführte
und die EU im Gegenzug den
Import von Whiskey und Jeans
verteuerte. In diesen Stellvertererscharmützeln
wurde
jetzt eben ganz einfach Käse
als Ziel definiert. Besonders
betroffen ist Italien, eventuell
sinkende Importe dort hergestellter
Produkte sind für die
USA kein Problem, denn die heimische
Branche kann durchaus
mit Alternativen aufwarten.
Nicht ohne Grund wurde indes
französischer Blauschimmelkäse
von den Sanktionen
ausgenommen, denn hier sind
die US-Käsereien eher schlecht
aufgestellt. Wenn WTO der EU
im kommenden Jahr das Recht
einräumt, ihrerseits gegen
ungeliebte Subventionen für
Boeing vorzugehen, wird mit
Sicherheit ein anderer Wirtschaftsbereich
als der Flugzeugbau
der USA mit Strafzöllen
belegt werden. Sollten es
US-Mopro sein (sehr unwahrscheinlich),
dann können sich
die dortigen Landwirte auf das
im letzten Jahr deutlich verbesserte
Sicherheitsnetz für
den Milchmarkt verlassen.
Was steckt aber eigentlich hinter
dem ganzen Spiel? Landläufige
Auffassung ist, dass
in Handelskriegen stets beide
Seiten verlieren. Meistens war
das bislang auch so, aber die
Umstände haben sich verändert,
zumindest was die USA
betrifft. Die EU ist längst nicht
mehr der größte oder wichtigste
Absatzmarkt der Amerikaner.
Die einstige Konfrontation
mit Russland ist für die USA
Geschichte, der neue strategische
Gegner heißt China. Hinzu
kommt, dass die Vereinigten
Staaten heute keine Energieimporte
mehr benötigen, und
sich daher international keine
Freunde mehr machen bzw.
bestimmte geografische Regionen
stützen müssen. Die USA
müssen auch nicht mehr so viel
in Drittländern fertigen lassen,
weil die deutlich gestiegene
Automatisierung evtl. Personalknappheit
in der Produktion
egalisieren konnte.
Die Zeichen bleiben daher
weiter auf Streit gestellt. Wer
keine Rücksichten mehr nehmen
muss, der kann ganz auf
den eigenen Vorteil spielen.
Außerdem stellt sich Trump in
2020 der Wiederwahl. Er wird
gar nichts anders können und
wollen, als mit „Make America
great again“ weiter zu fahren.
Insofern werden die Strafzölle
auf europäischen Mopro noch
eine ganze Weile in Kraft bleiben,
fürchtet Roland Soßna.