4 2018 | moproweb.de 31
vorhandene Tankmilchbestände mit ihren Inhaltsstoffgehalten,
sei es Rohmilch oder eingestellte, pasteurisierte Milch werden auf
der linken Seite der Bilanz erfasst, weil es sich dabei ebenfalls um
einen verfügbaren Rohstoff für die Produktion handelt.
Auf der Outputseite der Bilanz befinden sich die Rohstoff- und
Inhaltsstoffverbräuche durch die Produktion von Fertig- und Halbfertigprodukten.
Ebenso sind die Endbestände an Tankmilch mit
ihren Inhaltsstoffgehalten aufzuführen.
Theoretisch ergibt die Summe aus der Rohstoffverfügbarkeit
und dem Rohstoffverbrauch (mit umgekehrtem Vorzeichen zur
Rohstoffverfügbarkeit) je betrachteter Periode Null, praktisch
wird das nicht der Fall sein, wie später noch erläutert wird.
Bei der Aufstellung der Rohstoff- und Inhaltsstoffbilanzen muss
folgendes beachtet werden:
• Bei der Bilanzierung des Inhaltsstoffes Fett wird in der Regel mit
Fetteinheiten (FE) gerechnet. Eine Fetteinheit entspricht 10 g
Fett. Bei Division der Fetteinheiten einer Milch mit der Milchmenge
in kg ergibt sich der Fettgehalt in %. Das gleiche gilt, wenn
auch eine Eiweißbilanz mit Eiweißeinheiten (EE) geführt wird.
• Für die Menge des Rohstoffeingangs und -verbrauchs liegen im
Molkereibetrieb die Dimensionen Kilogramm und Liter vor. Um
Missverständnisse, unnötige Komplexität und Fehlinterpretationen
zu vermeiden ist es vorteilhaft, mit nur einer Mengendimension
zu rechnen und das bereits ab dem Rohstoffeingang. Es wird
dabei empfohlen, die Mengenbilanz in kg zu führen, da verkaufsfähige
Milchprodukte in der Regel (Ausnahme Trinkmilch) in der
Mengen- und Gewichtseinheit kg verkauft werden. Auch die Fettgehälter
von verkaufsfähiger Ware beziehen sich in der Regel auf
die Gewichtsprozente.
• Eine Rohstoffbilanz in der Mengeneinheit kg erfordert, dass bereits
die Rohmilch pro Tanksammelwagen in kg erfasst wird. Viele Molkereien
fahren deshalb vor der Milchannahme mit den Sammelwägen
über eine Fahrzeugwaage. Auch der Eingang von Zukaufsmilch wird
auf diese Art und Weise mengenmäßig erfasst. Falls keine Fahrzeugwaage
vorhanden ist, kann der Mengeneingang in kg durch die
erfasste Milchmenge in Liter der Sammeltour mit der gemessenen
Dichte der Sammelmilch berechnet werden. Es wäre fehlerbehaftet,
wenn pauschal mit dem Umrechnungsfaktor 1,02 oder 1,03 wie
in der Milchgeldabrechnung das Gewicht ermittelt wird. Wichtig ist,
dass pro Sammelwagentour die Dichte explizit ermittelt wird, da die
Dichte temperatur- und inhaltsstoffabhängig ist und deshalb pauschale
Werte ungenau sind.
• Im Molkereibetrieb findet die Mengenmessung üblicherweise als
Volumen in Liter statt, da Gewichtsbestimmungen für Tankinhalte
entweder sehr aufwendig oder sehr ungenau sind. Für die Volumenmessung
empfiehlt sich, an definierten Stellen im Betrieb
hochwertige, da genaue Volumenmesser (z. B. induktive Durchflussmesser)
aufzustellen. Die Umrechnung in kg findet dann wiederum
per Dichtefaktoren statt, wobei je Art von eingestellter
Prozessmilch, die sich in der Regel im Molkereibetrieb auch in einem
definierten konstanten Temperaturbereich befindet, durchaus
ein pauschaler Dichtefaktor, der nur periodisch überprüft
werden muss, Verwendung finden kann.
Die Mengenermittlung bzw. die Mengenbilanz ist somit immer auch
von den systematischen und unsystematischen Messfehlern der
verwendeten Messverfahren abhängig.
Nicht zu vergessen sind auch unvermeidbare Rohstoffverluste wie
beispielsweise an Innenflächen von Rohrleitungen und Tanks anhaftende
Restmilch, die mit der Reinigung ins Abwasser gelangen.
Eine Molkerei sollte die Größenordnungen der Messfehler und
der unvermeidbaren Rohstoffverluste kennen. Eine Abweichung
der Mengenbilanz über diese Größenordnungen hinaus muss untersucht
werden und weist entweder auf größere Messfehler, auf
Erfassungsfehler oder auf unplanmäßige Rohstoffverluste hin.
Bei der Aufstellung der Inhaltsstoffbilanzen wird analog zur
Mengenbilanz vorgegangen:
• Bestimmung der Fett- und gegebenenfalls Eiweißgehalte (bei
Käsereien und Trockungsbetrieben) pro Sammelfahrzeug oder
Zukaufsmilchtransport als Mischprobe pro Tour im Bereich des
Rohstoffeingangs.
• Bestimmung der Fett- und gegebenenfalls der Eiweißgehalte an
definierten Stellen im Molkereibetrieb, in der Regel bei den Vorbereitungs
und Prozesstanks.
Auch hier gilt, dass die verwendeten Messverfahren mit Messfehlern
behaftet sind und diese in der Größenordnung bekannt sein
sollten. Abweichungen darüber hinaus müssen ebenso wie beim
Mengeneingang hinterfragt werden. Zu beachten ist, dass Mengenverluste
auch Inhaltsstoffverluste nach sich ziehen.
Eine Rohstoff- und Inhaltsstoffbilanz wird somit wegen der
Messungenauigkeiten und unvermeidbarer Mengenverluste immer
Differenzen ausweisen. Entscheidend ist die Größenordnung der
Differenzen.
Des Weiteren müssen Kuppelproduktionsprozesse bei der Bilanzierung
berücksichtigt werden. Beispielsweise wird Buttermilch
normalerweise einen eigener Rohstoffeinsatz mit einem entsprechenden
Fettverbrauch zugeordnet. Die Konsequenz daraus ist,
dass dann Butter einen Rohstoffeinsatz von 1 hat. Bei der Kuppelproduktion
Käse/Molke wird in der Regel der gesamte Rohstoffeinsatz
und Fettgehalt der Kesselmilch dem Käse zugeschlagen
und die Molke besitzt keinen Rohstoffeinsatz.
Die Rohstoffrechnung in Molkereien ist durch die Entwicklungen
der Membrantechnologie und der daraus resultierenden Zunahme
an zerlegenden und zusammenführenden Prozessen und wegen
der dadurch erfolgten Zunahme an wertgebenden Inhaltsstoffen
komplexer und aufwendiger geworden. Das gilt in besonderem
Maße für molkenverarbeitende Unternehmen, die aus den anfangs
genannten Gründen ebenso eine Rohstoff- und Inhaltsstoffrechnung
für Molke benötigen.
Fazit
Die Rohstoffrechnung in Molkereien ist ein wichtiges Controllinginstrument.
Dadurch wird die für produktionswirtschaftliche und
betriebswirtschaftliche Steuerungen erforderliche Transparenz
und Informationsbasis geschaffen. Durch Weiterentwicklungen in
der Verarbeitungstechnologie haben sich auch die Anforderungen
und die Komplexität der Rohstoffrechnung erhöht.
Die Rohstoffrechnung wird üblicherweise mit EDV-Unterstützung
durchgeführt. Das geschieht zusammen mit den Herstellmengen
und weiteren produktionsrelevanten Informationen in der
sogenannten Betriebsübersicht. Auf den Aufbau einer Betriebsübersicht
wird im nächsten Beitrag eingegangen.