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Roland Soss na
Redaktion
Der Zusammenbruch der B.M.G., einem
der großen Michkäufer in
Deutschland, kam keineswegs völlig
unerwartet. Das Unternehmen, das immerhin
auf eine mehr als einhundertjährige Geschichte
zurückblicken konnte, hatte bereits
vor Jahren finanzielle Probleme, die Forderungen
waren allerdings immer, wenn auch
vielleicht verspätet, erfüllt worden. Was allerdings
dann doch überraschte und direkt
den Hinweis auf eine wirklich gravierende
Schieflage gab, war das im wahrsten Sinne
des Wortes ominöse B.M.G.-Schreiben von
4 4 2018 | moproweb.de
Wieder die
falschen Lehren gezogen
Der Zusammenbruch der B.M.G. war absehbar
Februar, in dem ein Basismilchpreis von nur
noch 20 Cent angekündigt wurde. In einer
Zeit, in der andere Milchkäufer noch um die
35 Cent auszahlten.
Unternehmen haben Erfolg oder sie scheitern,
Grundeinkommen
eröffnet Milchpreisperspektiven
Wenn eh‘ alles egal ist, ist alles gut
einst gut laufende Firmen werden geschlossen
(in der Milchwirtschaft oft auch
nur geschluckt), weil ihr Geschäftsmodell irgendwann
nicht mehr passt, all das ist ganz
einfach Marktwirtschaft. Aber was sich in der
Folge des Scheiterns der B.M.G. an Reaktionen
in Politik und gewissen Verbänden ergeben
hat, das wirft ein bezeichnendes Licht darauf,
dass für die Gegebenheiten einer „Marktwirtschaft“
allzu oft kein Verständnis mehr gegeben
ist. 70 Jahre Sozialstaat und Totalbehütung
des landwirtschaftlichen Berufsstandes
scheinen die Wahrnehmung verzerrt zu haben.
So haben z. B. Agrarministerin Klöckner
und DRV-Präsident Holzenkamp einseitig die
„Rettung“ für alle B.M.G. Lieferanten durch
einen Solidarakt der Molkereigenossenschaften
verkündigt (das Wort ‚verkündet‘ will
hier nicht treffen). Und natürlich beeilte sich
auch der BDM, sich als Heilsbringer ins rechte
Licht zu setzen. Tatsächlich konnten in vielen
Fällen aber nur Interimslösungen gefunden
werden, mit Bezahlung auf Spotmarktbasis
oder ohne Biomilchzuschlag bei Eigenübernahme
der Erfassungskosten, das Ganze oft
zeitlich eng befristet.
Mit einem zwangsfreien solidarischen
Grundeinkommen, wie es
von linken Unternehmern und
Parteien diskutiert wird, ließen sich die
meisten unserer Probleme lösen. Die Sozialkasse
müsste keine Mietaufwendungen oder
Krankenkassenbeiträge mehr leisten, man
könnte die Arbeitsagenturen am Ende wohl
sogar auflösen und eine Heerschar an Beamten
für bessere Zwecke einsetzen oder aber
in den vorzeitigen Kreativitätsunruhestand
Vergessen wurde bei aller Einforderung von
Solidarität, dass die vom B.M.G.-Fiasko betroffenen
Erzeuger sich bewusst dem Risiko
ausgesetzt, ihre einstigen Milchkäufer verlassen
und eine zeitweise bessere Bezahlung
bei gut laufenden Spotmärkten gesucht haben.
In einer Situation, in der die Verwertungen
auseinanderlaufen und die Eiweißseite
gerade auf dem Spotmarkt abgestürzt ist,
konnte die Milchpreisgarantie der B.M.G. einfach
nicht mehr funktionieren. Das aber hätte
jeder der Getroffenen schon vor Monaten
leicht erkennen können.
Ganz offenbar verfehlen Ideen für Verträge
mit festen Zusagen und gleichzeitig kurzer
Laufzeit die Realität. Wie alle Heilslehren
klingt dieser Ansatz auf den ersten Blick gut
(ebenso gut wie „sozial gerecht“), geht aber
an der realen Ökonomie komplett vorbei. Bei
der B.M.G. hat der Markt einen konzeptionell
falschen Ansatz gerichtet, dass dies nun
Schmerzen verursacht, ist logisch, aber kein
Anlass für Sozialgedöns. Auf Sicht wird alle
Milch bei neuen Abnehmern unterkommen,
einige Erzeuger werden Verluste erleiden. So
schlimm dies im Einzelfall ist, Unternehmer
müssen Folgen von Fehlentscheidungen immer
noch selbst tragen – oder sind Bauern
plötzlich keine Unternehmer mehr, wenn es
ernst wird, fragt sich Roland Sossna.
verabschieden. Allein schon Letzteres würde
das Grundeinkommen für alle nach Rechnung
der bei uns die Mehrheit stellenden
ökonomisch Überforderten leicht gegenfinanzieren
können.
Auf der anderen Seite würden gerade auch
Molkereien vom Grundeinkommen profitieren.
Sie können z. B. ihre Personalabteilungen
abspecken, denn wer dann nach einer Stelle
fragt, der meint es sicher ernst mit Arbeiten.
Milchpreisseitig gibt es ebenfalls Entlastungen.
Auch den Milcherzeugern würde ja ein
solidarisches Grundeinkommen zustehen.
Zusammen mit den Direktzahlungen würde
sich für sie ein auskömmliches Leben führen
lassen, Schwankungen des Milchpreises wären
dann komplett egal. Und ganz am Ende
könnte man auch das Marketing in Molkereien
abschaffen, wäre dann eh‘ alles wurscht.
Man muss die Dinge eben nur konsequent zu
Ende denken, meint Roland Sossna.