Dmitry Ellin, SSI Schäfer:
Die Automatisierung
der Intralogistik ist eine
Investition in die Zukunft
(Foto: SSI Schäfer)
3 2020 | moproweb.de 33
Mythos Nr. 1
Jeder braucht automatisierte Prozesse
Es mag für zukunftsorientierte Unternehmen den Anschein erwecken,
dass die Implementierung vollumfänglich automatisierter
Systeme für ausnahmslos alle Logistikzentren notwendig ist. Aber
das trifft nicht immer zu. Bei einem kleinen Sortiment, einer geringen
Anzahl von Waren oder einer geringen Lagerkapazität ist
eine manuelle oder mitwachsende, teilautomatisierte Lösung in
manchen Fällen die bessere Wahl. Gerade wenn eine zukünftige
Expansion nicht geplant ist, kann es für Unternehmen oftmals effizienter
sein, kleine Auftragsmengen teilautomatisiert oder manuell
zu bearbeiten und abzuwickeln.
Mythos Nr. 2
Die Automatisierung aller Prozesse
nimmt viel Zeit in Anspruch
Auf den ersten Blick erscheint eine vollständige Lagerautomatisierung
recht zeitaufwändig – aufgrund von mehreren Gründen:
Zuerst muss die benötigte Ausrüstung definiert, das erste
Designkonzept entwickelt und die Lösung den Erwartungen und
dem Budget des Kunden entsprechend ausgewählt werden. Erst
anschließend können die Installations- und Inbetriebnahmeprozesse
gestartet werden. Eine Automatisierung während des laufenden
Anlagenbetriebs stellt eine besondere Herausforderung
dar. Um sicherzustellen, dass ein reibungsloser Übergang erfolgt,
ist eine sorgfältige Planung nötig. Dann können die Vorteile von
automatisierten Systemen wie z. B. optimierter Lagerplatz, Skalierbarkeit
und Ergonomie, bereits in der Bauphase ausgespielt
werden. Eine Teil- oder Vollautomatisierung bestehender Logistikzentren
ist natürlich zeitaufwändiger verglichen mit Greenfield
Projekten, sie kann aber bei laufendem Anlagenbetrieb
durchgeführt werden. Daher empfiehlt es sich, die strategischen
Unternehmenspläne und -erwartungen mit der Logistik bereits
in der Projektplanungsphase mit dem Kunden abzugleichen, um
nachhaltig zwischen einer Modernisierung der Bestandsanlage
und einem Neubau abzuwägen.
Mythos Nr. 3
Automatisierung führt
zum Kontrollverlust im Prozess
Im Gegenteil, Automatisierung führt mithilfe von Software zu
mehr Kontrolle. Die eingesetzte Logistiksoftware überwacht die
Prozesse und visualisiert detaillierte Informationen der verfügbaren
Artikel. Sie visualisiert nicht nur die Anlage, sondern auch den
Materialfluss, stellt Leistungskennzahlen dar und gibt umfangreiche
Kontrollmöglichkeiten.
Mythos Nr. 4
Automatisierung erfordert
personelle Änderungen
Eine Automatisierung oder Modernisierung des Lagers bedeutet
nicht zwangsläufig zusätzliche Kosten oder hohen Zeitaufwand
für die Schulung von Mitarbeitern oder gar deren Austausch.
Automatisierte Logistikprozesse sind einfach zu bedienen dank
benutzerfreundlicher Schnittstellen, sodass das Personal seine
Handlungsanweisungen ohne umfassende Erfahrung oder Trainings
ausführen kann und künftig mit verantwortungsvolleren
Tätigkeiten betraut ist. Verglichen mit manuellen Prozessen
ohne automatisierte Qualitätskontrolle sinkt die Fehlerwahrscheinlichkeit
auf ein Minimum. Ein weiterer wichtiger Vorteil
der Automatisierung ist das erhöhte Sicherheitsniveau – besonders
wichtig z. B. bei Arbeiten im Hochregallager. Zudem ermöglicht
das Ware-zur-Person-Prinzip höchste Kommissionierqualität,
indem die Ware direkt an den Kommissionier-Arbeitsplatz
geliefert wird.
Mythos Nr. 5
Die Integration aller Prozesse
in ein einziges System ist zu schwierig
Was bei der Systemumstellung oftmals vernachlässigt wird, ist die
Datenmigration bei der Einführung oder Umstellung auf ein hochautomatisiertes
Lagersystem. Setzt ein Unternehmen bereits manuelle
und teilautomatische Systeme zur Verwaltung von Lageraktivitäten
ein, liegen wertvolle Informationen und Daten vor. Deren
Migration muss mit einer fundierten Analyse gut vorbereitet werden
– und ist umfangreich aber zielführend. Wenn ein Unternehmen
bereits ein Warehouse Management System einsetzt, verläuft
die Integration deutlich reibungsloser und schneller.
Mythos Nr. 6
Automatisierung ist
immer zu teuer
Auf den ersten Blick erscheinen die Anschaffungskosten automatisierter
Lösungen höher als der finanzielle Aufwand manueller
Systeme. Ihr Einsatz bringt aber einen schnellen Return on Invest
(ROI) mit sich. Je nach Umfang amortisieren sich die Kosten
schon innerhalb von drei bis fünf Jahren vollständig. Es handelt
sich um eine Investition in die Zukunft und daher ist Qualität ein
entscheidender Faktor: Minderwertige Qualität kann langfristig
zu kostspieligen Ausfallzeiten oder weiteren Ausgaben führen.
Je nach Unternehmensstrategie und -entwicklung empfiehlt sich
beispielsweise eine schrittweise Integration automatisierter Systeme.
Investitionen und Prozessmodernisierungen werden dann
stufenweise vorgenommen und die Leistung langsam gesteigert.