4 3 2020 | moproweb.de
Corona-Hysterie
schafft unendliche
Verwerfungen
Unsicherheit wird zur bestimmenden Größe
mi | mi-Meinung
Roland Sossna
Redaktion
Dass die, sprechen
wir es ruhig aus,
durch SARS-CoV-2
verursachte Pandemie
den Markt ins Chaos gestürzt
hätte, wäre eine falsche
Folgerung. Tatsächlich hat das
Coronavirus das den globalisierten
Märkten immanente Chaos
nur ans Tageslicht gebracht. Die
Globalisierung frisst jetzt ihre
Protagonisten, möchte man fast
sagen.
Nichts spricht gegen eine weltweite
Arbeitsteilung, etwa wenn
Lebensmittel aus Gunstregionen
wie Deutschland weltweit Absatz
finden, speziell in Gegenden, die
nicht genug von den betreffenden
Erzeugnissen, in diesem Fall
Mopro, haben. Aber es war mehr
als fahrlässig, Kernproduktionen
etwa im Pharmabereich oder
die Vorproduktfertigung für einen
so bedeutenden Maschinen-
und Technologieexporteur wie
Deutschland einfach in Drittländer
zu verlagern – ohne sich den
geringsten Gedanken darüber zu
machen, ob die Logistik nicht eines
Tages gestört wird oder zusammenbricht.
Hierfür bräuchte
es gar keine Virus-Pandemie,
simple Streitigkeiten an einer der
Flaschenhalsstellen des internationalen
Warenverkehrs reichten
dazu völlig aus.
Aber, so wie es ist, hat Covid-19
auch den Milchmarkt an seinen
schwächsten Stellen erfasst. Der
Export kommt ins Stocken oder
Erliegen, weil Container nicht
mehr abgefertigt, anderswo
ausgelagert oder gar achtlos und
völlig unkontrolliert irgendwo
abgestellt werden, ohne etwaige
Kühlpflichten zu beachten.
Niemand weiß, ob die besagten
Container am Ende noch ihren
Bestimmungsort erreichen werden,
oder ob sie später der Zoll
abweist, weil die Begleitpapiere
die Unterbrechungen nicht abbilden.
Da China als größter Moproimporteur
weltweit die Seuche
als höhere Gewalt einstuft, haben
vertragliche Vereinbarungen
nicht unbedingt noch Gültigkeit,
ggf. muss nachverhandelt werden,
was sicher auch die Konditionen
angehen wird. Die Spätfolgen
der Coronahysterie sind
im Moment überhaupt nicht abschätzbar.
Gewiss ist nur, dass sie
z. T. gravierend werden können.
Im Inland führt der Hype, den
Politiker, Regierungen, Behörden
und an vorderster Stelle die Medien
anfachen, ebenfalls zu bislang
nie gesehenen Verwerfungen.
Über Hamsterkäufe konnte
man in Geschichtsbüchern lesen,
aber miterleben musste man
sie in dem jetzigen Ausmaß seit
Kriegsende nicht. Gerade bei
haltbaren Produkten wie Butter
und H-Milch geraten die Molkereien
in die Bredouille. Vor der
Corona-Krise waren die Rahmpreise
deutlich gefallen, nun erleben
sie einen neuen Höhenflug.
Denn jeder Butterhersteller ist
(erpresservertraglich) gefordert,
die stark wachsenden Bestellungen
aus dem Handel zu erfüllen.
Der Handel kürzt dann auch noch
die Butterabnahmepreise, während
der zur Herstellung nötige
Rahm immer teurer wird. Ähnlich,
nicht identisch, ist die Situation
bei H-Milch. Wer vor Covid-19
noch Rohstoff abgestoßen hat,
weil die Erlöse für H-Milch nicht
mit der Milchverwertung über
Käse mithalten konnten, sieht
sich jetzt plötzlich zum Zukauf
gezwungen, weil der Handel
Unmengen an Produkt ordert.
Gelten die Marktregeln noch,
müsste H-Milch jetzt sprunghaft
teurer werden …
Die aktuell verrückte Marktlage
wird durch das beginnende
saisonale Ansteigen der Milchmengen,
ausgelöst durch die für
die Jahreszeit viel zu milde Witterung,
zusätzlich belastet. Marktexperten
erklären, dass es angesichts
der nicht mehr rationalen
Marktlage, die Abschottungspolitik
der USA noch gar nicht ins Kalkül
genommen, nicht mehr möglich
ist, Terminverträge für die
kommenden Monate einzugehen.
Damit wird der zuweilen erratische
Verlauf der Spotmärkte für
die kommende Zukunft – auch
was die Milchpreise anbetrifft –
noch prägender als bislang.
Was als Sicherheit bleibt, ist
dass die Unsicherheit gerade
auch für den Milchmarkt zum nahezu
alles bestimmenden Faktor
geworden ist. Was in den Märkten
passiert, wenn der Seuchenwahn
einmal vorbei ist, lässt sich
beim besten Willen nicht vorhersagen,
bedauert Roland Soßna.